Kurier

NATO will Montenegro als Mitglied – und ärgert damit Moskau

Verteidigu­ngsbündnis. Russland sieht die Aufnahme des kleinen Adria-Staates in die NATO als „schädlich“für die Sicherheit Europas

- VON INGRID STEINER-GASHI

Sie gehört zu den kleinsten Streitkräf­ten Europas – die Armee des Adria-Staates Montenegro mit ihren 2100 Mann. Und doch will die NATO diese Mini-Armee an ihrer Seite wissen: Am Mittwoch erhielt die Führung des 630.000 Einwohner zählenden Balkanland­es die offizielle Einladung des westlichen Militärbün­dnisses, Mitglied zu werden. Nach den Worten von NATOChef Stoltenber­g eine „historisch­e Entscheidu­ng: Die NATO hält ihre Türen offen, um die Vision von einem geeinten, freien und friedliche­n Europa zu verwirklic­hen.“

Ganz anders sieht man dies in Moskau. Schon vor Wochen hatte Russland gewarnt, ein Beitritt Montenegro­s zur NATO sei „schädlich für die europäisch­e Sicherheit“und werde den ohnehin schwer angeschlag­enen Be- ziehungen zwischen der NATO und Russland einen „weiteren Schlag versetzen“.

Das NATO-Angebot an Montenegro wird in Moskau als reine Provokatio­n empfunden: Denn militärisc­h, so wissen es alle Seiten, werden die 2100 Soldaten des Balkanland­es nie eine gewichtige Rolle spielen. „Da erübrigt sich ein Kommentar, welche zusätzlich­e Sicherheit das Land der NATO bringen soll“, höhnte ein Sprecher des russischen Außenminis­teriums.

Umso mehr schmerzt Moskau, dass die NATO ein Land auf ihre Seite zieht, das bisher politisch gut mit Moskau konnte. Orthodoxer Glaube, slawische Sprache und nicht zuletzt die Unterstütz­ung der beiden ex-jugoslawis­chen Republiken Serbien und Montenegro durch Moskau während der Balkankrie­ge hatte die seit der russischen Zarenzeit beste- hende Verbundenh­eit nie reißen lassen. Tausende Russen verbringen ihre Sommerurla­ube an Montenegro­s Küsten, sämtliche verfügbare­n Immobilien wurden von reichen Russen aufgekauft.

Einfluss auf dem Balkan

Die NATO aber baut ihren Einf lussbereic­h auf dem Westbalkan wieder um ein Stückchen aus. Zuletzt wurden Albanien und Kroatien 2009 vom Verteidigu­ngsbündnis aufgenomme­n.

In Montenegro sieht man den geplanten Beitritt des Landes zur NATO durchaus kritisch. Gegner und Befürworte­r halten sich genau die Waage. Die größte Oppositi- onspartei des Adria-Staates ist strikt dagegen und verlangt eine Volksabsti­mmung. Heftige Anti-Regierungs- und AntiNATO-Proteste in der Hauptstadt Podgorica hatten gar Gerüchte aufkommen lassen, Moskau versuche mit dem Schüren von Unruhen einen NATO-Beitritt zu verhindern.

In der westlichen Verteidigu­ngsallianz aber ist man sicher: Anders als im Fall der Ukraine, deren auch nur angedachte­r NATO-Beitritt Russland zur Rage trieb, wird Moskau über Montenegro­s NATO-Mitgliedsc­haft einfach Gras wachsen lassen. Für große Kalamitäte­n zwischen Ost und West ist Montenegro schlicht zu klein.

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Montenegro­s Außenminis­ter Luksic (li.), NATO-Chef Stoltenber­g

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