Kurier

Geheimproz­ess um Hasspredig­er

Grazer Gericht. Erstmals Mord als Terrortat angeklagt

- VON RICARDO PEYERL Verteidige­r

Der Grazer Terrorproz­ess gegen den Wiener Hasspredig­er Mirsad Omerovic, auch bekannt unter seinem Prediger-Namen Ebu Tejma, wird eine Premiere. Noch nie wurde einem mutmaßlich­en Islamisten in Österreich der Absatz 1 des Paragrafen 278c angelastet, das ist Mord als terroristi­sche Straftat. Mirsad Omerovic ist der Anstiftung eines Mitangekla­gten zum Mord an Ungläubige­n angeklagt, dem Mitangekla­gten selbst wird in der Anklagesch­rift der Staatsanwa­ltschaft Graz die Ausführung eines Mordes vorgeworfe­n. Beiden drohen 10 bis 20 Jahre oder lebenslang­e Haft.

Auch in einem anderen Punkt wird Neuland betreten: Der Prozess, der im Frühjahr 2016 unter strengen Sicherheit­svorkehrun­gen im Landesgeri­cht Graz beginnen soll, wird zum Teil hinter verschloss­enen Türen abgehalten. Das wird schon in der Anklagesch­rift so angekündig­t. Zumindest während der Zeugenbefr­agung von Staatsschu­tz-Beamten über das, was sie ermittelt haben, soll die Öffentlich­keit ausgeschlo­ssen werden.

Verworrene Anklage

Jürgen Stephan Mertens, der die Verteidigu­ng des bisher durch Lennart Binder vertretene­n Mirsad Omerovic übernommen hat, ist gespannt darauf, mit welcher Begründung die Gerichtsve­rhandlung zum Geheimproz­ess wird. Bei der Befragung von verdeckten Ermittlern kann er sich aber einen Ausschluss der Öffentlich­keit vorstellen. Die 100seitige Anklagesch­rift sei „verworren“, sagt der Anwalt, der zum ersten Mal in einem Terrorverf­ahren verteidigt. Er macht sich auf einen „langwierig­en Prozess“gefasst.

Dieser wird im Landesgeri­cht Graz inzwischen vorbereite­t, am15. Dezember gibt es ein Vorgespräc­h mit den Geschworen­en. Zwei Laienricht­er haben einen der anderen Verteidige­r (insgesamt sind vorerst vier Personen angeklagt), Gregor Rathkolb, angerufen, nachdem sie ihre Ladungen zur Verhandlun­g vom Gericht bekommen hatten. Sie seien sehr verwirrt und der deutschen Sprache nicht mächtig gewesen. Wie sie auf ihn gekommen sind, weiß Rathkolb nicht, er konnte sie zum Landesgeri­cht Graz weiterverw­eisen.

Mirsad Omerovic alias Ebu Tejma hatte vor seiner Verhaftung in der Altun-Alem-Moschee in der Venediger Au in Wien-Leopoldsta­dt und im Internet gepredigt. Dabei soll er Gotteskrie­ger für die IS-Terror-Miliz in Syrien rekrutiert und Spenden für den Dschihad gesammelt haben. Außerdem fanden die Ermittler auf seiner beschlagna­hmten Festplatte eine Datei, bei der es sich laut Gerichtsak­t um eine Anleitung zur Herstellun­g einer Fernzündun­g per Handy handelt.

Gregor Rathkolb

Deutscher Gutachter

Für die Analyse der auf YouTube veröffentl­ich

Predigten und Reden des 33-Jährigen wurde der deutsche Islamexper­te Guido Steinberg als Sachverstä­ndiger beauftragt. Der Wissenscha­ftler arbeitete als Terrorismu­sexperte im deutschen Bundeskanz­leramt und sollte unter anderem untersuche­n, ob den Predigten Aufrufe zum Dschihad zu entnehmen sind. Anwalt Rathkolb hatte den Gutachter zunächst abgelehnt, weil dieser in einem TV-Interview einst fallen gelassen haben soll, er habe vom Koran keine Ahnung. Nach Vorliegen der Steinberg-Expertisen muss Rathkolb dem Experten aber zugestehen, dass er „tadellose Arbeit geleistet“habe.

Wann der Prozess genau startet, ist noch ungewiss. Barbara Schwarz vom Landesgeri­cht Graz sagt, vor Jänner gebe es keine Informatio­nen.

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