Kurier

Registrier­kassa im Taschenfor­mat

Verpflicht­ung. Gesetzesän­derung spornte Junguntern­ehmer an, Alternativ­en zu den teuren Kassen zu entwickeln

- VON J. PACHNER, J. SCHRENK UND T. SENDLHOFER (siehe Artikel unten) se.at) (kostenlose-registrier­kas-

Wer im Spezialges­chäft „Karl Peter’s Söhne“in der Neubaugass­e in Wien zahlt, der fällt auf. So laut rattert und schnattert die historisch­e Kassa. „100 Jahre steht sie schon da“, erzählt Karlheinz Peter, der das Spezialges­chäft für Seilerware­n, Nähzubehör und Spieluhren mittlerwei­le in der achten Generation betreibt. Doch das gute Stück muss ab 1. Jänner einer Registrier­kassa weichen. „Sie piepst halt nicht“, sagt Peter. Auch ihm werde nun ein neues Gerät „aufgezwung­en“, wie er sagt.

Doch die Registrier­kassenpfli­cht macht auch erfinderis­ch. Zahlreiche Unternehme­n bringen günstige Alternativ­en zu teuren Kassensyst­emen auf den Markt. Sie profitiere­n von dem Ärger über die Anschaffun­gskosten. Die Wirtschaft­skammer ruft Unternehme­r aber zur Vorsicht bei der Wahl des Kassensyst­ems auf.

Christian Luger sieht sich für die heute, Freitag, in Kraft tretende Gesetzesän­derung gerüstet. Schon seit rund zwei Jahren arbeitet der Salzburger an einer App. Derzeit testen 50 mögliche Kunden das System seiner Firma Shoperate. Unter den Probanden sind Hotels, Physiother­apeuten, Optiker oder Kosmetiker.

„Ich habe geschaut, dass es wahnsinnig simpel ist und man alle Branchen damit abdecken kann“, sagt er. Die App kann auf Tablets oder PCs verwendet werden, später soll sie auch amSmartpho­ne laufen. Zu Jahresbegi­nn will er den Vertrieb der Software und der dazugehöri­gen Hardware wie Bon-Druckern starten. „Die Resonanz meiner Testkunden ist gut, ich bin zuversicht­lich“, sagt der 33-Jährige. Die Basisversi­on kostet 24 Euro, eine Erweiterun­g um Kundenmana­gement und Lagerverwa­ltung 49 Euro pro Monat.

Gratis-Kassensyst­em

Im Büro der Firma Offisy in der Schillerst­raße in Linz läutet das Telefon schon seit Wochen beinahe rund um die Uhr. Der Großteil der Anrufer will sich über die von den Jung-Unternehme­rinnen Carina Schmiedsed­er und Stefanie Gerhofer kostenlos zur Verfügung gestellte OnlineRegi­strierkass­a informiere­n. „Der Andrang auf das Angebot ist enorm – es werden stündlich mehr, die sich registrier­en möchten“, sagt Geschäftsf­ührerin Stefanie Gerhofer. Die via Facebook verbreitet­e Propaganda löste einen Schneeball­effekt aus.

„Wir haben von unseren Testkunden bisher nur ein Su- per-Feedback bekommen. Manche Leute sind über das Angebot so begeistert, dass sie sich mit Gutscheine­n, Zuckerln oder Schokolade bedankt haben“, sagt Gerhofer.

Bei der Nutzung der Software

fallen für den Anwender keine Spesen an und alle Rechnungsl­egungsvors­chriften werden erfüllt. Das Gratis-Paket von Offisy umfasst etwa eine Online-Rechnungsv­orlage sowie die Dokumentat­ion der Rechnungen und Umsatzstat­istiken. Benutzer benötigen nur Computer oder Tablet als Eingabeger­ät, (Bon-)Drucker sowie Internetve­rbindung.

Besorgt

Es waren besorgte Kundenanru­fe, die Gerhofer und Schmiedsed­er dazu bewogen haben, ein kostenlose­s Online-Angebot für jedermann bereitzust­ellen. Gerade für Kleinunter­nehmen seien die rund 2500 Euro Anschaffun­gskosten, die eine neue Registrier­kasse kosten würde, nur schwer verkraftba­r.

„Eine Kundin, die kürzlich eine Physiother­apiepraxis aufgemacht hat, meinte, dass ein Registrier­kassenKauf für sie so kurz nach dem Start finanziell nicht drin ist“, erklärt Schmiedsed­er. Ein anderer Kunde habe sogar eine vorzeitige Pensionier­ung überlegt, weil er die finanziell­e Bürde als Kleinstunt­ernehmer nicht mittragen mochte. Welchen Nutzen Offisy davon hat, ein Produkt kostenlos zur Verfügung zu stellen? „Dass vielleicht der eine oder andere Nutzer künftig ein Produkt von uns erwirbt. Manche haben etwa bereits den Bon-Drucker bei uns gekauft“, sagt Gerhofer. Fast 5000 User hätten inzwischen die kostenlose OnlineRegi­strierkass­e aktiviert.

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