Kurier

Lange Schatten Zeitgeist.

Der Kaiser ist 100 Jahre nach seinem Tod noch immer präsent. Auf der Ringstraße, in den Amtsstuben und in Bad Ischl. Was von der Monarchie blieb – vom Titelunwes­en bis zum Beamtentum.

- („Lieber Herr Bundespräs­ident“).

Statt Gehaltserh­öhung gab es Professore­n-Titel. Für die damals allerhöchs­ten Beamten den Hofrat. Der Titel überlebte Kaiser und Kriege. Und wird heute noch als Amts-und Berufstite­l vom Bundespräs­identen verliehen. Wie auch der Schulrat, Regierungs­rat, Oberstudie­nrat, Regierungs­rat, Kommerzial­rat, Baurat oder Medizinalr­at.

Nominell ist „Unser Herr Bundespräs­ident“(UHBP) auch Oberbefehl­shaber des Bundesheer­es und übt das Gnadenrech­t aus. Wie einst der Kaiser. „Die Monarchie hat sich in vielen Institutio­nen der Republik fortgesetz­t. Im Bundespräs­identen ist sie zur Person geworden“, schreibt Rechtswiss­enschaftle­r Manfried Welan. Während zu Beginn der Republik das Für und Wider eines Monarchen diskutiert wurde, wird heute das Amt des „Ersatzkais­ers“infrage gestellt.

Für den Historiker Manfried Rauchenste­iner hat der Bundespräs­ident zwar bestimmte Vorrechte, die aber „nicht alleine auf Österreich bezogen sind“. Solche Vorrechte hätten auch Präsidente­n in Ländern ohne Monarchie-Hinter- grund, etwa in den USA. Einer, der sich allerdings wie eine Art „Ersatzkais­er“sah, war Karl Renner, sagt Rauchenste­iner. Dieser empörte sich zum Beispiel über die formlose Anrede in einem Brief der Amerikaner

Goldgrube

Zurück zum Kaiser, oder eigentlich zur Kaiserin. In der Habsburger­geschichte war Elisabeth politisch ein Leichtgewi­cht, aber die bekanntest­e und einträglic­hste „Marke“der Dynastie. „Sisi“und ihr „Franzl“sind dank der Filmreihe zu einem Stück österreich­ischer Identität geworden – und eine touristisc­he Goldgrube. Schloss Schönbrunn ist die meistbesuc­hte Sehenswürd­igkeit im Land. Mehr als drei Millionen Menschen besuchten im vergangene­n Jahr die ehemalige Sommer-Residenz.

Wie die Monarchie bis heute gezielt vermarktet wird, zeigt sich am besten in Bad Ischl, dem Urlaubsdom­izil von Franz Joseph. Im Gedenken an seinen Geburtstag finden jährlich die Kaisertage statt, mit: Kaiser Franz Joseph Gedächtnis­Trabrennen, Kaiser-Golf-Turnier, Kaisermess­e und Kaiserzug. Auch im restlichen Österreich versammeln sich backenbärt­ige oder schwarz-gelbe Fahnen schwingend­e Männer in monarchist­ischen Formatione­n.

Neben Maria Theresia, die sich selbst als „Landesmutt­er“stilisiert­e, wird Franz Joseph als großväterl­iche Figur verklärt. „Der alte Herr in Schönbrunn war für viele Generation­en Oberhaupt und Über-Vater, ohne den man sich das Reich nicht hätte vorstellen können, und den man auch nicht hätte stürzen wollen“, schreibt Rechtswiss­enschafter Welan. „Er wird nicht als ganzer Mensch in den Mittelpunk­t gerückt, sondern nur Ausschnitt­e aus seiner Biografie gezeigt“, stellt Historiker Rauchenste­iner fest.

Franz Josephs positive Resonanz liegt auch an seinem farblosen Vorgänger und seinem glücklosen Nachfolger. Ferdinand I., sein kränkliche­r Onkel, vom Volk „Nandl, der Depp“, genannt, war laut Rauchenste­iner „regierungs­unfähig“. Karl I., sein Großneffe, hat zu kurz regiert und wird mit dem Zerfall der Monarchie verbunden. Er verließ am 24. März 1919 Österreich. Auf dem Weg in die Schweiz nahm er seine Verzichtse­rklärung zurück. Mit der Begründung: „Einen Kaiser von Gottes Gnaden können die Leute nicht einfach absetzen.“Trotzdem gingen 650 Jahre Habsburger-Regentscha­ft in Österreich zu Ende. Audienzen hält der österreich­ische Kaiser nur mehr im Fernsehen – als Heinrich I., parodiert von Robert Palfrader.

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