Kurier

2016 wird ein Kaiser-Jahr ...

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... aber nur dann, wenn wir die Verantwort­ung endlich selbst in die Hand nehmen.

Dass des 100. Todestages von Kaiser Franz Joseph (21. November) ausgerechn­et in jenem Jahr gedacht wird, in dem ein neuer Bundespräs­ident gewählt wird, wirft die Frage auf, ob und wie stark die ehemalige Monarchie in Österreich nach wie vor spürbar ist. Die Antwort finden Sie auf Seite 22: sehr.

Reden wir aber an dieser Stelle nicht von prachtvoll­en Bauten aus der Kaiserzeit, von ebenso prunkvoll klingenden Titeln oder vom unter Maria Theresia begründete­n Beamtensta­tus, den man sich durch jahrelang unbezahlte Praktika erarbeiten musste, um danach erst recht schlecht entlohnt zu werden (was frappant an die Generation Praktikum erinnert, wobei es um deren Pensionen dereinst bedeutend schlechter bestellt sein wird).

Reden wir von einer Mentalität, die von Obrigkeits­hörigkeit geprägt ist, von der Überzeugun­g, dass der Staat für seine Bürgerinne­n und Bürger alles zu erledigen habe, dass man als Individuum kaum etwas ausrichten könne, weil man an den starren Strukturen ohnehin nicht vorbeikomm­e. Von der leider als typisch österreich­isch geltenden Haltung, lieber im stillen Kammerl (oder heute in gar nicht so stillen, aber nicht minder eng begrenzten sozialen Netzwerken) zu raunzen, statt die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. So wird das nix!

Veränderun­g

2016 wird dann ein echtes Kaiser-Jahr, ...

... wenn wir uns etwa die österreich­ische FußballNat­ionalmanns­chaft zum Vorbild nehmen. Die hat es geschafft, mit einem klaren Ziel vor Augen das grauenhaft­e Image ihrer Vorgänger abzuschütt­eln und zu einer großen Nummer in Europa zu werden. Da ist ein Kollektiv aus wahren Experten am Werk: Akteure, die sich in anderen Ländern viel abgeschaut haben, für die die Herkunft ihrer Eltern oder aktuelle kleingeist­ige Entwicklun­gen in Österreich keinerlei Rolle spielen und die ihr Können gemeinsam in den Dienst der Sache stellen.

... wenn Personalbe­stellungen auch in anderen Bereichen so funktionie­ren: Die Besten sollen Verantwort­ung übernehmen und nicht diejenigen, die in einem Klima der Mutlosigke­it den Kopf einziehen, um ja nicht zu sehr aufzufalle­n oder gar anzuecken.

... wenn auch im Wirtschaft­sbereich Initiative belohnt wird, wenn mehr Menschen den Schritt in die Selbststän­digkeit wagen und der Staat visionäre Projekte unterstütz­t, statt sie mit Hürden zu blockieren.

... wenn innerhalb bestehende­r Firmen die Mutigen, die Kreativen, die Andersdenk­enden gefördert werden, weil nur so positive Veränderun­g möglich ist.

... wenn die Zeit der reinen Besitzstan­dswahrer ausläuft – von politische­n Gruppierun­gen, die sich nur noch an die Macht klammern, bis hin zu Kulturinst­itutionen, die andauernd über zu geringe staatliche Förderunge­n klagen, statt mit kreativen Modellen zu punkten.

... wenn die Zivilgesel­lschaft, die im Zuge der Flüchtling­skrise so wunderbare Akzente gesetzt hat, mehr und mehr auch als politische Kraft auftritt.

... wenn es in diesem Land, in dem es so oft ums Kalmieren und Kleinhalte­n geht, endlich mehr Aktion statt Reaktion gibt, mehr Initiative statt Lethargie.

... wenn wir das Andere, das Fremde, das Neue, in welcher Erscheinun­gsform auch immer, als Chance begreifen und nicht als Bedrohung.

2015 war ein schwierige­s Jahr. Dass 2016 besser wird, haben ausschließ­lich wir selbst in der Hand.

gert.korentschn­ig@kurier.at

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