Kurier

Stiller Überlebens­künstler

Alois Stöger. Oft abgeschrie­ben, bald im dritten Ressort

- – PHILIPP HACKER-WALTON

Eine Geschichte über die politische Karriere Alois Stögers kommt nicht aus ohne den Hinweis darauf, dass sie – die Karriere – schon des Öfteren für beendet erklärt worden ist. Schon vor der Nationalra­tswahl 2013 war Stöger ein Wackelkand­idat. Wann immer seither von einer Regierungs­umbildung die Rede war, galt er als der Erste, der in den Reihen der SPÖ werde gehen müssen.

Nicht gänzlich unpassend zu Stögers Art und Auftreten, ist denn auch das Auffälligs­te an ihm als Minister, dass er es noch immer ist. Wenn er demnächst Rudolf Hundstorfe­r als Sozialmini­ster beerbt, wird Stöger neben Bildungsmi­nisterin Gabriele Heinisch-Hosek der einzige im roten Regierungs­team sein, der seit Werner Faymanns erstem Tag als Kanzler mit ihm regiert.

Bei der Amtszeit enden auch schon die Gemeinsamk­eiten zwischen Kanzler und Minister. Stöger gilt als loyal, aber es ist kein Geheimnis, dass er nicht zu Faymanns innerem Kreis zählt. Dass er niemand ist, der ins Rampenlich­t drängt und ihm auch keine Ambitio- nen auf das Kanzleramt nachgesagt werden, dürfte seine politische Lebensdaue­r erheblich erhöht haben.

Was nicht heißt, dass Stöger nicht machtbewus­st ist – er trägt es nur nicht so zur Schau. Diese Zurückhalt­ung ist ein zweischnei­diges Schwert: Sie habe Stöger, so erzählen es Weggefährt­en, schon so manchen Verhandlun­gserfolg ermöglicht. Gleichzeit­ig führt sie zwangsläuf­ig dazu, dass er sich unter Wert verkauft.

Reformen und Spuren

Zum Beispiel bei der Gesundheit­sreform, wie Verhandler, die dabei waren, erzählen: Stöger habe dem damaligen Hauptverba­ndschef Hans Jörg Schelling bewusst die größere mediale Bühne gelassen – im Gegenzug für inhaltlich­e Zugeständn­isse.

Stögers Bilanz als Ge- sundheitsm­inister ist denn auch besser, als man spontan glauben würde: Neben der ordentlich­en Gesundheit­sreform fallen auch die Einführung der Elektronis­chen Gesundheit­sakte (ELGA) sowie die Gratis-Zahnspange in seine Amtszeit. Im Infrastruk­turministe­rium hat Stöger keine großen Spuren hinterlass­en. Immerhin: Er hat sich im Riesen-Ressort anderthalb Jahre keine groben Schnitzer geleistet.

Was auch nicht dazu gepasst hätte, was man Stöger nachsagt: Fleißig sei er, das hört man oft; ein akribische­r Arbeiter; und: ein angenehmer, weil menschlich­er Chef. Dass er in seinen ersten Tagen im neuen Ressort unangekünd­igt Antrittsbe­suche machte, ohne Allüren, einfach zum Hallo-Sagen, davon erzählen die Beamten im Verkehrsmi­nisterium heute noch gerne.

Im Sozialress­ort gilt es jetzt, die Rekord-Arbeitslos­igkeit zu bekämpfen, die Mindestsic­herung zu reformiere­n und bis Ende Februar eine Pensionsre­form zu Wege zu bringen. Der gelernte Werkzeugma­cher Stöger kann beim Bohren dicker Bretter eigentlich nur positiv überrasche­n – wieder einmal.

 ??  ?? Bohrn“to be wild: Stöger beim Renovieren der Holz-Terrasse vor seinem Haus bei Linz. „Wenn es die Zeit zulässt, mache ich vom Regal bis zur Klospülung
alles“, sagte er einst dem KURIER
Bohrn“to be wild: Stöger beim Renovieren der Holz-Terrasse vor seinem Haus bei Linz. „Wenn es die Zeit zulässt, mache ich vom Regal bis zur Klospülung alles“, sagte er einst dem KURIER

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