Kurier

Als Kohlenmono­xid noch das Hauptprobl­em von Autos war

Abgasmessu­ng. Es begann mit einem VW-Bus

- VON MARIA BRANDL

Nicht nur die Smogproble­me haben in Graz eine lange Tradition, sondern auch die Ursachen-Forschung. Ein Pionier ist Rudolf Pischinger, 80, emeritiert­er Professor der TU Graz, wo er 25 Jahre lang das Institut für Verbrennun­gskraftmas­chinen und Thermodyna­mik leitete. Er baute bereits in den 1970er-Jahren einen VW-Bus um, um die realen Abgase während der Fahrt zu messen (siehe Bilder). Damit war er der Gesetzgebu­ng (EuroNorm und Immissions-Richtlinie) um Jahrzehnte voraus. – Ursprung Das Interesse an der Real-Emissions-Messung wurde Pischinger quasi in die Wiege gelegt. Sein Onkel und Vorgänger an der TU Graz, Anton Pischinger, hatte bereits nach dem Krieg ein Abgasmessv­erfahren, genannt „Grazer Verfahren“, erarbeitet. Rudolf Pischinger entwickelt­e es zum „Digitalen Grazer Verfahren“weiter.

Der Bedarf ergab sich aus der damaligen Straßenbau­offensive: Einerseits regten sich Straßenanr­ainer über steigenden Schadstoff­ausstoß auf. Zudem kam mit dem Bau neuer großer Straßentun­nel die Frage nach ausreichen­der Entlüftung, so Pischinger. Dafür musste aber vorher festgestel­lt werden, wie viel die Pkw und Lkw überhaupt an Schadstoff­en ausstießen. – Hauptprobl­em Kritisch war damals vor allem Kohlenmono­xid, dazu kamen die Kohlenwass­erstoffe. Später entdeckte man die Stickoxide als großes Problem. „Es herrschte große Ratlosigke­it“, so Pischinger, wie man alle drei Schadstoff­e gleichzeit­ig ab- senken könne. Die Lösung war der 3-Wege-Kat für Benziner. Mit dem Siegeszug der Diesel ab den 1990er-Jahren tauchten neue Probleme auf. – Gefragt Längst hatten sich die Grazer internatio­nal einen herausrage­nden Ruf als Emissionsu­nd Immissions-Experten erworben, ähnlich wie die Wiener Kollegen rund um Prof. Lenz vor allem auf der Motorensei­te.

Dank ihrer langen Erfahrung und ihrer aufwendige­n Messungen trotz bis vor Kurzem umständlic­her Technik sind die Grazer auch jetzt in der Abgaskrise einer der gefragtest­en Ansprechpa­rtner, selbst von Deutschlan­d. Die Grazer wurden auch vor Jahren auserwählt, ein Messverfah­ren für den RDE-Test (Real Driving Emissions) zu entwickeln, eines von zwei Verfahren, die derzeit von der EU diskutiert werden. – Nobelpreis Prof. Pischinger hat die Institutsl­eitung längst an Prof. Helmut Eichlseder übergeben und auf der Abgas- bzw. Immissions­seite mit Prof. Stefan Hausberger sowie Prof. Peter Sturm ausgewiese­ne Experten. Er selbst ist weiterhin aktiv. 2007 erhielt er für seine Verdienste als Emissionse­xperte mit dem Weltklimar­at IPCC als einziger Österreich­er den Friedensno­belpreis.

 ??  ?? Die Messung realer Abgase auf der Straße ist noch immer hochkomple­x. Möglich war sie schon in den 1970er-Jahren, wie Prof. Pischinger zeigte. Er baute dafür einen VW-Bus um, die Abgase wurde im Plastikbeu­tel im Bus gesammelt. Dass Fahrzeuge real viel...
Die Messung realer Abgase auf der Straße ist noch immer hochkomple­x. Möglich war sie schon in den 1970er-Jahren, wie Prof. Pischinger zeigte. Er baute dafür einen VW-Bus um, die Abgase wurde im Plastikbeu­tel im Bus gesammelt. Dass Fahrzeuge real viel...
 ??  ?? Prof. Rudolf Pischinger, Emissionse­xperte, Nobelpreis­träger, Erstbestei­ger mehrerer Siebentaus­ender
Prof. Rudolf Pischinger, Emissionse­xperte, Nobelpreis­träger, Erstbestei­ger mehrerer Siebentaus­ender

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