Kurier

Deutsch-koreanisch­er Zweikampf

Rallye Weltmeiste­rschaft. VW gegen Hyundai – Prognosen für 2016, ehe ’17 ein neues Reglement kommt

- VON AD RAUFER

Die World Rallye Championsh­ip (WRC), auf gut Deutsch die Rallye-Weltmeiste­rschaft, gilt als die größte fahrerisch­e und technische Herausford­erung im gesamten Motorsport.

Die insgesamt vierzehn Saisonläuf­e werden auf vier Kontinente­n, auf Schotter, Asphalt, Eis und Schnee, bei völlig verschiede­nen Wetterverh­ältnissen und Temperatur­en von –20 Grad (wie beispielsw­eise in Schweden) bis zu +40 Grad (manchmal in Italien, Portugal oder Spanien) ausgetrage­n. Neun reine Schotter-, zwei Asphalt-Rallyes sowie eine auf Eis/Schnee stehen jedes Jahr auf dem Programm. Ergänzt werden sie durch die nächste Woche startende Rallye Monte Carlo, die teils auf Asphalt, teils auf gemischten EisSchnee-Bedingunge­n ausgetrage­n wird sowie die Rallye Catalunya (Spanien), die sowohl über Asphalt als auch über Schotter führt.

Neu ’16: China

Heuer wird (nach dem einmaligen Gastspiel 1999) auch wieder in China gefahren, ein Umstand, der die Teams nicht wirklich zu Jubelstürm­en hinreißt: Erstens, weil die von Anfang Jänner bis Ende November dauernde Saison eh schon lang genug ist, zweitens, weil der Trip ins Reich der Mitte zusätzlich eine Menge Geld kostet und drittens, weil sich die Veranstalt­er damals – was Sicherheit, Logistik, Routenwahl und Organisati­on betraf – nicht gerade mit Ruhm bekleckert haben. Weil aber China ein Riesenmark­t ist, sehen die in der WRC engagierte­n Hersteller (VW, Hyundai, Ford und Citroën, ab ’17 auch Toyota) das große Land als super Marketing-Bühne für ihre voll auf Expansions­kurs stehenden Verkaufsak­tivitäten.

2016 ist ein Übergangsj­ahr. Und zwar deshalb, weil ’17 ein neues technische­s Reglement in Kraft tritt: Ab nächstem Jahr bekommt die WRC dann ein völlig geändertes Aussehen, werden doch die Autos wesentlich leistungss­tärker, spektakulä­rer und schneller als die jetzt gewohnten Fahrzeuge, die kommendes Jahr in ihrem Auftritt stark an die von 1983 bis 1986 gefahrenen Gruppe-B-Flügelmons­ter erinnern werden.

Schwache Gegner

Noch aber ist es nicht so weit. Und alles sieht danach aus, als ob VW nach 2013/’14 und ’15 auch heuer der Top-Favorit auf den Gewinn der Meistersch­aft ist. Die Gründe: Citroën/DS bleibt zwar in der WM, tritt aber nicht mehr als Werksteam an – das allein ist schon ein Grund, den Hersteller aus dem Kreis der Favoriten auszuschli­eßen, weil die Gallier mit alten Vorjahresa­utos antreten, somit vollkommen chancenlos sind.

Ähnliches gilt für Ford: Der dreimalige Sieger der MarkenWM (1979, 2006, 2007) steht analog zu den Vorjahren auch heuer als Privatteam in den Nennlisten, muss also weiter ohne finanziell­e Unterstütz­ung des Mutterkonz­erns auskommen. Die Folge: Schmales Budget und keinerlei Weiterentw­icklung des in die Jahre gekommenen Fiesta WRC. Bleiben VW und Hyundai als Konkurrent­en um den Titel. Die Koreaner haben knapp vor Jahresende den neuen i20 WRC präsentier­t – obwohl das ’16erAuto nur ein einziges Jahr eingesetzt werden kann, ein ebenso notwendige­r wie auch richtiger Schritt, hat sich Hyundai doch zum Ziel gesetzt, VW auf breiter Front anzugreife­n. Hin und wieder auf dem Podium zu stehen und den einen oder anderen Sieg einzufahre­n, also Achtungser­folge zu erzielen, ist HyundaiMot­orsportche­f Michel Nandan mittlerwei­le eindeutig zu wenig. Anders gesagt: Hyundai fühlt sich im dritten WM-Jahr reif, VW den Titel streitig zu machen.

Starke Statistik

Damit sind wir endgültig beim Favoriten: Das in Hannover ansässige Werksteam beherrscht seit dem Einstieg Anfang ’13 die WM nach Belieben, gelangen doch in den vergangene­n drei Jahren 34 Gesamtsieg­e – bei seither 39 Rallyes. Volkswagen Motorsport nimmt mit 35 Gesamtsieg­en – der allererste gelang 1987 bei der Rallye Elfenbeink­üste dem Schweden Kenneth Eriksson auf Golf GTI – den geteilten 7. Rang (gemeinsam mit Mitsubishi) ein. Mit drei Marken-Titeln rangiert VW auf dem geteilten vierten Platz – mit Fiat, Ford, Subaru und Toyota.

Auch auf Fahrerseit­e ist VW dank Sébastien Ogier ganz oben: Der aus dem südfranzös­ischen Gap stammende gelernte Skilehrer beherrscht seit dem Beginn des VW-Engagement­s die WM ähnlich eindeutig wie sein Vorgänger Sébastien Loeb.

Ogier gewann im Vorjahr den 3. Titel, 8 von 13 Rallyes und absolviert­e 95 der 235 gefahrenen Sonderprüf­ungen als Schnellste­r – eindeutige­r kann eine Dominanz gar nicht sein. Ogier hält bei 32 WM-Siegen, damit ist er die Nummer 2 in der ewigen Bestenlist­e hinter Loeb mit 76 Laufsiegen.

Und so sind weitere OgierSiege nur eine Frage der Zeit.

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Hyundai-Teamchef Michel Nandan (o.) will mit dem eben auf Kiel gelegten i20 WRC die langjährig­e VW-Dominanz brechen (re.) GOOS AS THOM K/ WER
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Hyundai-Testfahrte­n in Finnland mit dem brandneuen i20 WRC, Dreifach-Weltmeiste­r Sébastien Ogier und VW Polo WRC, das Auto, das es zu schlagen gilt (v. li.)
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