Der Finger Gottes
Maalifushi by Como. Die Malediven sind genau so, wie man sie sich immer vorgestellt hat. Es wird wenige Flecken auf der Erde geben, die sich mit diesem Inselparadies, inmitten des Indischen Ozeans, messen können.
Wenn man glaubt, vom Paradies zu träumen, aufwacht und bemerkt, man hat gar nicht geschlafen, dann ist man angekommen: auf den Malediven. Hier ist alles etwas anders, das Meer ist noch türkiser, der Sand noch weißer und die Fische laden einen gleichermaßen zum Beobachten ein. Vielleicht ist es auch die relativ kurze wie angenehme Anreise aus Wien, die alles noch unwirklicher macht.
Mit der AUA steigt man im novembernebelverhangenen Wien abends in den Flieger und keine zehn Stunden später ist man völlig ausgeschlafen im Sommer angekommen. Kein lästiges Umsteigen, keine harten Bänke, auf denen die Zwischenstopps zum Martyrium werden, allein die Anreise ist der Anfang eines rundum geglückten Aufenthaltes. Auf dem Flughafen in Malé gibt es keine langen Wartezeiten, schon steht man vor dem Flughafengebäude und einem Bediensteten vom Resort Como Maalifushi gegenüber.
Minuten später sitzt man in einem Wasserflugzeug, wie man es aus JamesBond-Filmen kennt und wird über eine atemberaubende Landschaft, nein, eigentlich Wasserschaft geflogen. Immer wieder fluten unzählige, palmenbedeckte kleine Inseln an dem Fensterchen vorbei, Fischschwärme lassen sich ausmachen und nach einer guten Stunde, viel zu früh eigentlich, verliert die Maschine an Tempo und Höhe und das Flugzeug setzt auf das Wasser auf. Kurz darauf ist ein Transportboot bereit und man wird mit seinem Gepäck an Land gebracht.
Hoch noble Stelzenhäuser Was für ein Land! Eine rund drei bis vier Kilometer lange Insel, im Zentrum das große Restaurant, rundherum, versteckt in kleinen Wäldchen atemberaubende Villen, die nicht durch ihre Größe punkten und vorgelagert die sogenannten Water-Villas, hoch noble, aber unprätentiöse Stelzenhäuser, die jeden Komfort eines 5*-Plus-Hotels locker in den Schatten stellen. Apropos Schatten, es gibt ihn unter Palmen und Strohdächern, nicht aber vom Himmel, während des gesamten Aufenthaltes verirrte sich keine einzige Wolke über das Paradies.
Gerade hat man ausgepackt, da dämmert es, langsam versinkt die Sonne im blutroten Horizont und man geht essen. Die Gastronomie hat auf Maalifushi einen ganz besonderen Stellenwert, die meisten Kreation – vom Krabbencurry über das Seafood BBQ bis zu den Sobanudeln mit Thunfisch-Tataki – sind locker zwei, drei Gault&Millau-Hauben wert und wer einmal genug von dieser täglich wechselnden Menükarte hat, wandert drei Minuten weiter und setzt sich in das hervorragende, japanische Restaurant.
Gerade nippen wir an einem eiskalten Weißwein, da zieht uns Renzo in sein Vertrauen. Renzo R., so erfahren wir am nächsten Tag von anderen Gästen, steht auf der Forbes-Liste der reichsten Menschen der Welt recht weit oben. Vor einigen Jahren hat das einzige Kind einer Britin und eines amerikanischen Ölmagnaten alle Firmen verkauft und jetzt lebt er. Renzo hat uns als Neuankömmlinge enttarnt und erzählt aus seinem Leben. Hawaii, Gstaad, Acapulco, New York, Galapagos, Kitzbühel, natürlich, die Osterinseln – Renzo war schon überall, er ist in die tiefsten Unterwasserhöhlen getaucht, hat die höchsten Berge bestiegen, er hat die ganze Welt bereist, hier aber, und Renzo weist mit einer großen Geste über die kleine Insel, ist er endlich angekommen.
Unaufdringlicher Luxus Die verschiedenen Häuser des Como Maalifushi-Resorts, so lernen wir, hat ein preisgekrönter japanischer Architekt entworfen und man kann unumwunden behaupten, dass er sein Geld wert war. Selten zuvor hat man so einen unaufdringlichen Luxus erlebt. Große, klimatisierte Zimmer, Holz, Stein, sehr geschmackvoll und leise, das Gegenteil vom tönenden Millionärsluxus der Versace-Generation. Wir sind in einer Water-Villa, direkt über dem 28 Grad warmen, glasklaren Wasser untergebracht. Vor dem Schlafzimmer gleitet der Blick über einen eigenen Süßwasserpool und dann gleich weiter, in das schönste, in allen Nuancen von Türkis, Blau und und Grün glitzerndem Meer, das man jemals gesehen hat.
Como Malifushi hat erst im letzten Jahr aufgesperrt, 65 Zimmer, 250 Angestellte, WiFi, Telefonverbindung in die ganze Welt, ein SPA, Yoga, Sauna, Dampfbad – es gibt fast nichts, das es auf dieser kleinen Insel nicht gibt.
In der Früh besteigt man sein Fahrrad und radelt, erst über den Holzsteg, dann über den reinweißen Sandweg, hinüber zum Restaurant. Der Gegenverkehr besteht aus anderen Gästen auf Fahrrädern und solarbetriebenen Golfcars. Die ständige, herrlich leichte Brise hat ein paar Blätter auf den Weg geweht, wenn wir zurückfahren, sind sie verschwunden. Überall werken helfende Hände, ein Trupp tief vermummter Damen, die in ihrer weißer Tracht an Yedi-Ritterinnen erinnern, sind jeden Tag mit der Säuberung des Strandes beschäftigt. Weicher, feinster Sand, vereinzelt finden sich rote Korallenstücke, kleine und große Muscheln, kein einziges Mal hat man hier ein Stück Papier, eine Plastikflasche oder irgendeinen Abfall gesehen.
Delfine beobachten Auf Maalifushi gibt es keine Insekten, ihnen wird in den frühen Morgenstunden, unbemerkt von den Gästen, mit Rauchschwaden ein rasches Ende gesetzt. Unter Wasser ist es genau so schön, wie darüber. Man kann diese heile Welt tauchend oder schnorchelnd erobern, muss aber nicht. Jeden Tag werden verschiedenste Ausflüge angeboten, Kanufahrten, Segeln, Hochseefischen und Dolphin-Watching. Werden wir Glück haben und einen sehen, fragen wir unseren Kapitän und er lächelt zuversichtlich. Minuten später sind wir von Dutzenden Delfinen umgeben, lautlos gleiten sie aus dem Wasser, schnellen in die Luft und das Auf klatschen auf dem Wasser verbindet sich mit den Klicken der Fotoapparate. Wer annimmt, es geht nicht schöner, wird von einer anderen Delfinart nachhaltig überzeugt. Plötzlich springen, erst drei, vier, dann 20 Exemplare kerzengerade in die Luft, drehen sich um die eigene Achse und landen wieder. Rasch tauchen sie unter, das gerade noch offene Meer schließt sich umgehend, öffnet sich ein paar Wellen weiter und entlässt einen anderen Delfin in die Höhe. Das wunderbare Schauspiel dauert unausgesetzt die nächsten 20 Minuten.
In diesem Moment fällt der Blick auf Renzo, der alles erdenklich Schöne in seinem Leben gesehen hat. Da sitzt er mit offenem Mund und vielleicht glaubt er gerade, vom Paradies zu träumen, wacht auf und bemerkt, dass er gar nicht geschlafen hat.