Ausblick 2016: Öl und Gold haben Boden noch nicht erreicht
Goldman Sachs. Mit Öl und Gold haben Anleger wohl wenig Freude, mit Aktien schon mehr – in Europa und Japan.
Ein Liter Rohöl kostet momentan etwa 18 Cent. Nur zum Vergleich: Für einen Liter Marken-Mineralwasser zahlt man im Handel gut doppelt so viel. Am Mittwoch sind die Ölpreise erstmals im neuen Jahr gestiegen. Ist jetzt der Boden bei der Talfahrt – von 115 Dollar pro Fass im Juni 2014 auf zuletzt 30 Dollar – erreicht? Nicht unbedingt.
„Wir rechnen, dass das Tief sogar noch länger andauern könnte“, sagt Sandra Grabenweger-Straka, Direktorin bei Goldman Sachs in Frankfurt, im KURIER-Gespräch. Die Vermögensverwaltung der US-Investmentbank erwartet zwar, dass sich der Ölpreis Ende 2016 bei etwa 50 Dollar stabilisiert. Aber: „In der Zwischenzeit könnte er durchaus auf 25 Dollar fallen“, sagt die Expertin.
Die Gründe: Der Winter ist bisher mild, China und andere Schwellenländer schwächeln – somit ist die Ölnachfra- ge gering. Und angebotsseitig müssten die Förderländer die Produktion deutlich drosseln, damit der Preis steigt. „Das ist aber noch nicht in Sicht“, sagt Grabenweger-Straka. Im Gegenteil. Fährt der Iran seine Kapazitäten hoch, würde noch mehr Öl in den Markt gepumpt. Für die Analysten der Standard Chartered Bank ist sogar ein Ölpreis von 10 Dollar je Fass vorstellbar.
Dass gegen jede ökonomische Vernunft mit Hochdruck gefördert wird, ist der Konkurrenz geschuldet. Die Golfstaaten, allen voran SaudiArabien, wollen neue Rivalen wie die USA oder den Iran über den tiefen Preis aus dem Markt drängen. Bisher ist das Kalkül aber nicht aufgegangen. Die Schieferöl- Förderung in den USA ist zwar verhältnismäßig teuer, schon 2015 gingen etliche kleinere US-Ölbohrfirmen pleite. Andere senkten ihre Kosten aber sukzessive, sagt Grabenweger-Straka: „Dass es sich gar nicht mehr rechnet, war bisher nicht der Fall.“Das Match geht also weiter.
Europa in der „Starre“
Wenig zuversichtlich ist Goldman für den Goldpreis, der vom Rekord bei 1900 Dollar je Feinunze (2011) auf 1080 Dollar abgesackt ist. Steigende Zinsen, stärkerer Dollar, kaum Inflation und die Verunsicherung durch die Eurokrise hat sich auch gelegt: „Das spricht gegen Gold. Auf zwölf Monate sehen wir den Preis bei 1000 Dollar.“
Aktien könnten über drei Monate eher auf der Stelle treten. Über zwölf Monate sieht Goldman aber gute Chancen – in Europa und Japan mehr als in den Staaten: Die US-Wirtschaft sei in der „späten Expansionsphase“, Schnäppchen seien bei Aktien dort kaum noch zu finden.
Für Europa könnte das Bild noch besser sein, wäre man nicht in eine „Starre“verfallen, sagt GrabenwegerStraka. Die Lage sei besser als die Stimmung: „Das Problem ist das negative Denken, das beginnt schon in Österreich.“Es fehlen die Investitionen der Unternehmen. Die Politik sei gefordert, Anreize zu setzen – mit Steuererleichterungen, weniger Bürokratie oder mehr Flexibilität.