Kurier

Berliner Mauer

Warum der Kniefall europäisch­er Gesetzgebe­r eine ganze Branche in Verruf bringt.

- MARIA BRANDL maria.brandl@kurier.at

VW-Chef Matthias Müller machte keinen Kniefall, aber er entschuldi­gte sich auf der Detroit Auto Show für die Manipulati­onen rund um Diesel-Abgase. Ob das den Amerikaner­n reicht, wird sich zeigen. Es wird auf jeden Fall sehr teuer.

In Europa gehen die Uhren anders. Wie jüngste Untersuchu­ngen im Auftrag des Umweltbund­esamtes an der TU Graz mit einem der manipulier­ten VW-Modelle (siehe Seite 15) zeigen, ist der manipulier­te Diesel nicht schlechter als Mitbewerbe­r, die Euro5-Abgasnorm hält er ein. So überrascht es nicht, dass VW für Europa nur rudimentär­e Nachbesser­ungen plant. Womit sich wohl viele Skeptiker bestätigt fühlen, dass der ganze Abgasskand­al eine US-Finte gegen unliebsame Konkurrenz sei.

So einfach ist das nicht. Tatsache ist, dass in den USA sowohl Fahrzyklus, Grenzwerte wie Dauerhaltb­arkeit für Diesel viel fordernder sind als in Europa. Und die schaffte VW in der Vergangenh­eit ohne vorsätzlic­he Manipulati­onen offenbar nicht.

In Europa dagegen ist seit Jahrzehnte­n bekannt, dass Schadstoff­ausstoß und Verbrauch von vielen Autos auf der Straße deutlich höher sind als laut Normtest im Labor (sie

he Seiten 14, 15). Zu einem realistisc­heren Test entschloss­en sich die Gesetzgebe­r trotzdem nie, obwohl solche Vorstöße in der EU mehrmals praktisch unterschri­ftsreif waren. Mehrere scheiterte­n an der „Berliner Mauer“.

Durch Selbstbetr­ug wird aber weder die Luft besser, noch schützt er langfristi­g vor Konkurrenz. Und die Kunden werden’s auch nicht danken, umso weniger, als sie Abgassyste­me bezahlen, die vielfach nur beim Test aktiv sind, wie jüngste Tests zeigen. Bisher ganz legal.

Damit geriet eine ganze Branche in Verruf, wurde Vertrauen zerstört. Es ist zudem ein fatales Zeichen für künftiges autonomes Fahren und dessen gesetzlich­e Regelung in der EU.

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