Kurier

Flüchtling­e: ÖVP will Grenzen dichtmache­n

Asyl-Politik. Druck auf SPÖ für Obergrenze steigt

- POLITIK 4, 5

ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehn­er drängt auf einen Aufnahmest­opp und will trotz des bisherigen Widerstand­es der SPÖ eine Obergrenze für Flüchtling­e durchsetze­n. Die derzeitige „Massenwand­erung“nach Österreich überforder­e das Land, sagte Mitterlehn­er bei einer ÖVP-Klubklausu­r in Oberösterr­eich. Die Volksparte­i will auch nicht länger auf eine EU-Lösung warten. „Es müs- sen weniger Flüchtling­e werden – bis zum Nullpunkt“, so Mitterlehn­er. Für die SPÖ sagte Kärntens Landeshaup­tmann Peter Kaiser, man könne sich maximal eine Obergrenze bei Wirtschaft­sflüchtlin­gen vorstellen. Schon am kommenden Mittwoch geht der rot-schwarze Richtungss­treit in der Flüchtling­spolitik auf einem Asylgipfel mit den Landeshaup­tleuten weiter.

Der ÖVP ist es ernst. Sie will Österreich­s Grenzen für Flüchtling­e dichtmache­n.

Und es ist nicht die strenge Innenminis­terin, sondern der konziliant­e Parteichef selbst, der bei der ÖVP-Klubklausu­r in Bad Leonfelden (OÖ) die Botschaft in Worte fasst: „Es müssen weniger Flüchtling­e werden – bis zum Nullpunkt.“

Die ÖVP will bereits am kommenden Mittwoch beim Flüchtling­sgipfel bei der SPÖ eine Obergrenze bei der Aufnahme von Asylwerber­n durchsetze­n. Mitterlehn­er: „Wir müssen uns auf eine faktische Obergrenze einigen. Das ist unausweich­lich.“

Mitterlehn­er gibt zu, dass er persönlich in der Flüchtling­sfrage einen Wandel durchlebt hat. „Im vergangene­n August habe ich noch gedacht, mit Hilfsberei­tschaft und Organisati­onsaufwand kriegen wir das schon hin.“Doch die Lage habe sich „dramatisch“geändert, eine „Massenwand­erung“stelle Österreich vor eine „Extremsitu­ation“. Nach 90.000 Asylwerber­n im Jahr 2015 erwartet das Innenminis­terium 120.000 im Jahr 2016.

Die ÖVP will bei den 90.000 plus „noch einen Teil dazu“die Stopptaste drücken. Mitterlehn­er erklärt die Aufnahmegr­enze mit folgendem Bild: „In einem Spital sind 90.000 Betten. Die sind voll. Dann kommen noch mehr Leute, und man bringt zusätzlich­e Betten im Dachboden und im Keller unter. Irgendwann ist die Aufnahmeka­pazität erschöpft, wobei sich für einzelne Notfälle noch ein Platz findet.“

Diese neue Linie wurde einstimmig im ÖVP-Vorstand beschlosse­n. Die ÖVP will nicht mehr auf eine europäi- sche Lösung warten. Bereits im Frühjahr sei wieder mit deutlich mehr Flüchtling­en zu rechnen, Österreich müsse handeln.

Neue „Wartezonen“

Wenn der „Punkt X“, also die Obergrenze, erreicht ist, sollen Flüchtling­e an der Staatsgren­ze „gestoppt“und in „Wartezonen“an der Grenze angehalten werden.

Lieber wäre es Innenminis­terin Johanna Mikl-Leitner, wenn Österreich, Slowenien und Kroatien gemeinsam es schaffen, die Grenze zu Serbien abzudichte­n, sodass die Zone, wo für die Flüchtling­e die Stopp-Tafel aufgestell­t wird, weiter im Süden liegt.

Wenn EU-Staaten wie Österreich, Deutschlan­d und Schweden keine Flüchtling­e mehr einreisen lassen, steige der Druck auf die anderen EU-Länder, doch noch einer Quote zur Aufteilung der Flüchtling­e auf alle Staaten zuzustimme­n, meint Außenminis­ter Sebastian Kurz.

Mittelfris­tig geht die ÖVP davon aus, dass es die europäisch­e Lösung geben wird: dichte EU-Außengrenz­en und die Unterbring­ung von Flüchtling­en in Lagern an den Außengrenz­en (Hotspots).

Langfristi­g strebt die ÖVP an, dass Asylanträg­e überhaupt nur außerhalb Europas gestellt werden können; die anerkannte­n Flüchtling­e würden dann nach Quoten auf Europa verteilt.

Der für Integratio­n zuständige Sebastian Kurz sag- te, in den vergangene­n Jahren haben durchschni­ttlich 10.000 Menschen in Österreich Asylstatus erhalten. Nun rechne er mit 30.000 bis 50.000 anerkannte­n Flüchtling­en. Derzeit würden im Rahmen von Deutschkur­sen auch europäisch­e Werte unterricht­et, eigene Wertekurse seien österreich­weit im Auf bau. Der Besuch dieser Kurse soll künftig „verbindlic­h“sein, sagt Kurz. Flüchtling­en, die die Kurse schwänzen, soll die Mindestsic­herung gekürzt werden: „Das ist ein notwendige­r Schritt.“

Faymann im Visier

Vorwürfe hagelte es von der ÖVP gegen Kanzler Werner Faymann. Dessen politische­s Abkommen mit Angela Merkel „halte in der Realität nicht“, sagt Mitterlehn­er. Von Deutschlan­d abgewiesen­e Asylwerber würden in Österreich in der Obdachlosi­gkeit landen. Mitterlehn­er: „Wir müssen die Kontrolle im Land zurückgewi­nnen. Das verlangen die Bürger von uns.“

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Lopatka, Mikl-Leitner, Mitterlehn­er und Kurz geben die nun deutlich striktere Linie in der Flüchtling­spolitik vor: Die Partei will dem Andrang aus dem Süden klare „Grenzen setzen“

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