Kurier

Von Deutschlan­d abgewiesen, in Schärding gestrandet

Reportage. Hunderte Flüchtling­e müssen gegen ihren Willen zurück nach Österreich. Dort werden sie ihrem Schicksal überlassen

- – C. WEIERMAIR

Noch im Herbst gab es für Flüchtling­e nur eine Richtung: Von der Grenze im Burgenland und in der Steiermark wurden Tausende nach Oberösterr­eich und weiter nach Deutschlan­d gekarrt.

Mittlerwei­le gibt es auch eine Einbahn zurück. Sie führt vom bayerische­n Passau ins Barockstäd­tchen Schärding am Inn: Dorthin bringt die deutsche Polizei täglich bis zu 300 Notreisend­e, die von der Bundesrepu­blik an der Grenze gemäß Dublin-Verordnung zurückgewi­esen werden – entweder, weil sie in Deutschlan­d keinen Asylantrag stellen und weiterreis­en wollen oder weil sie keine oder gefälschte Papiere haben.

Das Flüchtling­szelt von Schärding, vormals Transitqua­rtier für Menschen auf dem Weg nach Deutschlan­d, wurde zum Anhaltezen­trum für die unfreiwill­igen Rückkehrer umfunktion­iert. „Mit der Situation ist niemand glücklich. Weder wir von der Polizei, noch die Flüchtling­e. Die Bevölkerun­g ist verunsiche­rt. Es fehlt der Plan“, sagt Einsatzkom­mandant Alfred Reiterer. Er steht vor einem mit Gittern abgesperrt­en Areal, dahinter befinden sich Container, Baustellen­toiletten und ein Zelt, in dem sich Donnerstag­mittag knapp 50 Personen auf halten. Sie liegen auf Decken und Matten, manche laben sich an Tee und einem Eintopf.

Die Flüchtling­e, vor allem Afghanen, Iraner und Marokkaner, werden nach ihrer Ankunft in Schärding für einige Stunden festgehalt­en, um ihre Personalie­n aufzunehme­n. Auch Fingerabdr­ücke werden gemacht.

Gegen Mittag betreten dann Polizeibea­mte das Zelt und verteilen Dokumente an die Flüchtling­e. Es kommt zur „Enthaftung“, wie Reiterer erklärt. „Sie werden von uns entlassen und bekommen eine Ladung, sich in sechs Wochen in Linz, Wels oder St. Georgen zu melden.“

England oder Linz?

25. Februar, 10 Uhr, Bundesamt für Fremdenwes­en und Asyl Linz, steht auf dem Schreiben von Masoud Tomi. Bis dahin ist der Iraner auf sich allein gestellt – ohne Unterkunft, Betreuung oder fi- nanzielle Unterstütz­ung. „United Kingdom“, sagt der junge Mann auf die Frage, wohin er denn nun wolle. Doch zunächst geht es für ihn wohl nach Linz, wo zurückgewi­esene Flüchtling­e in einem Notquartie­r übernachte­n können. Sein Landsmann Miloud hat andere Pläne: „Vienna“, sagt er und lächelt hoffnungsv­oll, eher er sich auf den Weg zum Bahnhof macht. Er ist einer der wenigen, die nun in Österreich Asyl beantragen werden.

1564 Zurückgewi­esene aus Deutschlan­d kamen im Dezember in Schärding an, im Jänner waren es bereits mehr als 1600 – sehr zum Unmut von Lokal- und Landespoli­tikern, die Sicherheit­sbedenken wegen der vielen „UBoote“haben. Die kann die Polizei entkräften: „Seit es die Zurückweis­ungen gibt, ist kein Anstieg der Kriminalit­ät zu beobachten“, sagt David Furtner von der Landespoli­zeidirekti­on.

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Die meisten Flüchtling­e marschiere­n nach ihrer Entlassung zum Schärdinge­r Bahnhof. Viele fahren nach Linz oder Wien
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Kopfzerbre­chen: Viele Flüchtling­e müssen ihre Pläne überdenken

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