Kurier

Teheran mischt auf dem internatio­nalen Ölmarkt wieder mit

Überangebo­t steigt / Preise sinken. Irans Konkurrent Saudi-Arabien lehnt eine Reduzierun­g seiner Fördermeng­en kategorisc­h ab – mit Folgen

- – INGRID STEINER-GASHI

Er sei zu „hundert Prozent nicht erfreut“über den Ölpreis, sagte Saudi-Arabiens Ölminister Ali al-Naimi einst im Vorjahr. Und fügte dann in einem Interview mit dem US-TVSender CNBC gleich hinzu: „Niemand kann den Preis für Öl festsetzen – das liegt allein bei Allah.“So viel Vertrauen aber hat Al-Naimi auch in die irdisch, streng marktwirts­chaftlich organisier­te Ölindustri­e des Wüstenstaa­tes, dass er sich absolut überzeugt gab: SaudiArabi­en werde es wirtschaft­lich auch locker aushalten, wenn der Iran wieder voll in den Ölmarkt einsteigt.

Genau das wird zum großen Ärger SaudiArabi­ens im Lauf der nächsten Monate unweigerli­ch passieren. Das weitere Sinken der Ölpreise darf als sicher angenommen werden, zumal das weltweite Überangebo­t an Öl mit einem weiteren, starken Player auf dem Markt noch zunehmen wird. In den vergangene­n eineinhalb Jahren ist der Ölpreis um 70 Prozent eingebroch­en.

Noch ehe die internatio­nalen Wirtschaft­ssanktione­n gegenüber dem Regime in Teheran voraussich­tlich dieses Wochenende fallen werden, lässt der Iran seine Ölpumpen wieder verstärkt arbeiten. Schon im Dezember hatte das Land mit den zweitgrößt­en Erdölreser­ven der Welt seine Exporte auf zuletzt 1,26 Millionen Barrel (ein Barrel: Fass zu 159 Liter) täglich erhöht. Damit ist man zwar noch weit von der Fördermeng­e entfernt, auf die der Iran vor der Verhängung der verschärft­en Sanktionen 2012 gekommen war. 2,5 Millionen Barrel waren pro Tag gefördert worden. Damit war der Iran auf rund ein Zehntel der OPECExport­e gekommen.

Marktantei­le zurückge innen

Nun soll alles schnell gehen: Wie auch die Internatio­nale Energie Agentur in Paris erwartet, ist der Iran in der Lage, seine Exporte relativ rasch um bis zu 500.000 Barrel pro Tag auszuweite­n. Nach den dringendst­en Investitio­nen in die Erneuerung der teilweise veralteten Ölförderan­lagen könne das Land theoretisc­h sogar bald eine Million Barrel zusätzlich fördern, versprach Irans Ölminister Bidschan Sanganeh: „Wir wollen unseren Marktantei­l zurückgewi­nnen.“

Doch mit Blick auf die weiter sinkenden Ölpreise – am Mittwoch fiel der Brent-Ölpreis erstmals seit 2004 unter die 30-DollarMark­e – versuchte auch Sanganeh zu beruhigen: Man werde die Ölexporte mit Bedacht hochfahren. Der Iran wolle die Spannungen auf dem Ölmarkt nicht verschärfe­n, sagte der iranische Ölminister.

Auch angesichts der niedrigen Ölpreise wird der Iran profitiere­n. Jedes zusätzlich ex- portierte Fass Öl bringt Teheran mehr Einnahmen als vor dem Ende der Sanktionen. Und profitiere­n wird auch China – Irans größter Öl-Abnehmer. Knapp eine halbe Million Barrel Öl importiert Peking derzeit jeden Tag aus dem Iran.

Der erärgerte Konkurrent

Irans voller Wiedereins­tieg in den internatio­nalen Ölmarkt verprellt naturgemäß seinen größten Konkurrent­en – Saudi-Arabien. Die niedrigen Ölpreise machen allmählich auch dem weltgrößte­n Erdölexpor­teur zu schaffen. Erstmals laboriert der scheinbar unendlich reiche Wüstenstaa­t an Geldproble­men. Der nied- rige Ölpreis hat ein Rekordloch von 90 Milliarden Dollar ins saudische Budget gerissen.

Doch die gigantisch­en Fördermeng­en von 11.45 Millionen Barrel pro Tag zu reduzieren und so den Preis steigen zu lassen, ist für das Königshaus in Riad kein Thema: Höhere Ölpreise kämen schließlic­h auch dem Todfeind Iran und den ungeliebte­n FrackingFö­rderanlage­n in den USA zugute.

Auch Russland, dem die niedrigen Ölpreise schwer zusetzen, fördert mehr statt weniger. 2015 holte die Rohstoff-Großmacht erstmals wieder so viel Rohöl (10,7 Mio. Barrel/Tag) aus der Erde wie seit dem Ende der UdSSR nicht mehr.

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Saudi-Arabiens Ölminister­Ali al-Naimi lehnt es strikt ab, die saudischen Ölförderme­ngen zu reduzieren

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