Die „alte Monica“in „neuem Körper“
Weg zurück. Wie vier Monate Koma das Leben der deutschen Sportmoderatorin Lierhaus veränderten
Ihr Schicksal bewegte viele Fernsehzuschauer: Die deutsche Sportmoderatorin Monica Lierhaus, heute 45, lag nach einer geplanten Hirnoperation 2009 vier Monate im künstlichen Koma, die Prognosen waren äußerst schlecht. Darauf folgten acht Monate neurologische Reha. „Wie ein Kleinkind“habe sie alles neu erlernen müssen, sagt sie jetzt in einem Interview anlässlich ihres heute, Freitag, erscheinenden Buches „Immer noch ich“.
Darin geht sie intensiv auf die Höhen und Tiefen ihrer Rückkehr – die „alte Monica“in einem „neuen Körper“– und die Wahrnehmung der Öffentlichkeit ein. Rückschläge und Tiefs spart sie ebenso wenig aus. Etwa, als die langjährige Beziehung zu ihrem Lebensgefährten zerbrach. Manchmal habe sie „den Menschen sicherlich viel zugemutet“. Viele hatte ihr öffentlicher Heiratsantrag, den sie ihm beim ersten Fernsehauftritt machte, berührt. Oder, als sie in einem Interview davon sprach, dass ihr ohne die lebensrettende Hirn-Operation auch viel erspart geblieben wäre.
Mühsamer Weg
Heute kommentiert sie dies so: „Ich musste mir anhören, ich solle mich doch damit abfinden und dankbar sein, denn mir ginge es ja noch vergleichsweise gut. Der Weg, den ich dafür gehen musste, mit inzwischen elf Operationen und vielen Rückschlägen, war brutal und mühsam.“Trotz „manchmal dunkler Tage“betont das „Stehaufmädchen“, wie sie von ihrer Schwester Eva genannt wird: „Ich habe meine Selbstständigkeit wiedergewonnen und baue mir ein neues, zweites Leben auf.“
Dieses zweite Leben schaut für jeden Patienten anders aus. „Es kommt darauf an, welche Teile des Gehirns betroffen sind“, betont Prim. Andreas Winkler, Leiter der neurologischen Reha-Klinik Bad Pirawarth. „Meistens sind durch Sauerstoffmangel oder Verletzungen Netzwerke des Gehirns gestört und bedingen schwere kognitive Defizite, etwa in Sprache, Bewegung oder Emotionen.“Die Rehabilitation dauere Monate bis Jahre und hänge von vielen Faktoren ab. „Es ist oft den Angehörigen schwer zu vermitteln, dass es mit dem Aufwachen des Patienten nicht vorbei und der Weg noch sehr lang ist.“
Dabei müssen Fortschritte äußerst individuell betrachtet werden, sagt Prim. Johann Donis, Leiter der Abteilung „Apalliker Care Unit“im Geriatriezentrum Am Wienerwald. „Die Patienten machen in der Regel verschiedene Phasen durch. Anfangs sind sie sehr mit sich selbst beschäftigt. Je differenzierter die Entwicklung, desto klarer wird bei vielen, dass es eben nicht mehr wie vorher ist. Selbstverständliches wird zu einer großen Herausforderung.“Monica Lierhaus macht etwa die Feinmotorik noch immer Probleme – „alles, was fummelig ist“. Das Öffnen einer Milchpackung könne ihr große Schwierigkeiten machen. Doch sie sei schon froh, wieder Schuhbänder binden zu können.
Viele Stationen in der Rehabilitation hängen aber auch mit der Persönlichkeit des Patienten zusammen. Monica Lierhaus etwa ist überzeugt, dass ihr – neben ihrer Familie – besonders ihre „alten“Charakterzüge Ziel- strebigkeit, Perfektionismus und auch Ungeduld auf dem Weg zurück halfen. Experte Winkler hat die Erfahrung gemacht, dass eine neurologische Bewusstseinsstörung oft auch den Blick auf die Welt, das Leben, ändert. „Dinge, die früher gar nicht so wichtig waren, werden nach der Erkrankung viel stärker geschätzt.“