Wie die Kolonisierung des Weltraums funktioniert
Gerhild Steinbuch. Theater in Wien, Oper in Lille
Joseph Conrads Roman „Herz der Finsternis“ist auf Wiener Bühnen gerade sehr gefragt. Die mit dem Nestroy ausgezeichnete Burg-Produktion „Die lächerliche Finsternis“war eine Hommage an den Klassiker.
Nun beschäftigt sich auch das Brut mit dem Thema: Mit der Sehnsucht, die letzten weißen Flecken der Welt kennenzulernen und dabei ins (eigene) „finstere Herzen“vorzudringen. Bei Conrad ist es der Dschungel des Kongo, im Brut – in der neuen Arbeit des Kollektivs „Freundliche Mitte“– die unendliche Weite des Weltraumes.
2011 von Bühnenbildnerin Philine Rinnert, Schauspieler Sebastian Straub und Autorin Gerhild Steinbuch gegründet, erarbeitet das Kollektiv aus Spiel, Raum und Text gemeinsam Performances. Im Stück „Finsternis“geht es nun um den „Weltraum als Kolonialgebiet“.
An die Grenzen gehen
„Wir beschäftigen uns in Europa mehr denn je mit der Frage: Was macht ein Land aus? Es geht in unserem Stück um Grenzen, um Reisen, ums Entdecken“, sagt Autorin Steinbuch.
Anstoß, sagt sie im KURIER-Gespräch, waren einerseits aktuelle Projekte der NASA und die Frage, wie man den Weltraum nutzbar machen kann, andererseits auch die Flüchtlingsproblematik. „Wenn man mit realen Problemen arbeitet, besteht immer die Gefahr, sie für sich selbst zu nutzen. Ein Vorbild ist in der Hinsicht Christoph Schlingensief. Ihm ist es gelungen, Abstraktion zu finden.“
Steinbuch, geboren 1983 in Mödling, ist eine der renommiertesten heimischen Theaterautorinnen. Und das seit mehr als zehn Jahren. Sie studierte szenisches Schreiben, wurde mehrfach ausgezeichnet, mit Stipendien bedacht und von den Medien bejubelt. Sie war Hausautorin am Schauspielhaus, arbeitete u. a. beim steirischen herbst und beim Staatstheater Mainz. Mittlerweile hat sich der österreichische Medienhype beruhigt, was auch daran liegt, dass sie heute in Deutschland lebt und dort viel arbeitet, zuletzt am Schauspiel Frankfurt. Mit Erfolg über den deutschsprachigen Raum hinaus. Für Wolfgang Mitterers Oper „Marta“hat sie das Libretto geschrieben. Sie wird im März in der Oper von Lille uraufgeführt.