„Krebs wird behandelbar“
Univ.-Prof. Markus Hengstschläger, Genetiker: Es gibt drei große Gebiete, in denen es große Fortschritte geben wird. Zum einen werden Gentherapien funktionieren – wenn ein Gen defekt ist und zu einer Erkrankung wie etwa Krebs führt, gibt es jetzt schon erste Methoden, um solche genetisch krankhaften Veränderungen zu korrigieren. Vorreiterin dafür ist Emmanuelle Charpentier, die mit ihrer Crispr/Cas9- Methode die Grundlage dafür geschaffen hat. Damit werden bestimmte Krebsarten behandelbar werden. Man wird viele Formen nicht los, aber man wird vielleicht damit leben können.
Zweitens haben wir in der Forschung in den vergangenen Jahren viele Voraussetzungen dafür geschaffen, Stammzellen therapeutisch einzusetzen, wie es jetzt schon etwa bei Leukämie geschieht. Dabei werden Stammzellen entnommen und in einer Kultur so verändert, dass sie vor Ort funktionieren. So gibt es jetzt schon Studienversuche mit Stammzellentherapien gegen Diabetes oder auch gegen Makuladegeneration (Netzhauterkrankung des Auges).
Der dritte Bereich betrifft zwei Entwicklungen, die Grund zur Freude, aber auch zur Sorge geben. Beim Next Generation Sequencing werden die genetischen Informationen von Menschen erhoben, was viele Möglichkeiten für die Forschung öffnet. Gleichzeitig gibt es jetzt die Möglichkeit, in der Schwangerschaft über einen Bluttest herauszufinden, ob das Ungeborene schwere genetische Defekte hat. Bis zum Jahr 2030 wird es also keine invasive Pränataldiagnostik wie etwa eine Fruchtwasseruntersuchung mehr geben. Allerdings muss man diese Entwicklung ethisch begleiten und diskutieren, was wir testen wollen und was ethisch vertretbar ist. Hier habe ich große Sorge, ob wir diesen Aufgaben und der ethischen Diskussion gewachsen sind.