Ein junger Flüchtling spielte groß auf
Bakery Jatta. Der HSV will einen Burschen aus Gambia, der durch die Wüste ging und dessen Alter unklar ist
Die Geschichte von Bakery Jatta ist drauf und dran, das Fußballmärchen des Jahres 2016 zu werden.
Ob mit gutem oder bösem Ende, wird sich zeigen.
Von vorne: Es war einmal ...
... ein junger Mann, der durch die Wüste und übers Meer geflohen ist, der nie in einem Verein gespielt hat, noch keine 18 Jahre alt ist. Und nun bald Fußballprofi in einer der besten FußballLigen der Welt werden soll.
Bakery Jatta, 17 Jahre alt. Heimatland: Gambia, ein kleiner, armer, islamischer Staat in Westafrika. Jattas Status: unbegleiteter minderjähriger Flüchtling. Deutschland erreichte er im Sommer vergangenen Jahres laut Mär nur mit einer Tasche oder einem Plastiksackerl. Die Süddeutsche Zei
tung traf ihn in der „Akademie Lothar Kannenberg“in der kleinen niedersächsischen Gemeinde Bothel. Kannenberg, 58, Ex-Boxer, Ex-Alkoholiker, ist Streetworker und kümmert sich mittlerweile auch um asylsuchende Halbwüchsige. Über seine mutmaßliche Odyssee wollte Bakery Jatta nicht sprechen.
Vereinslos
Jedenfalls kam er im Juli oder August 2015 über eine Bremer Erstaufnahme zur Akademie Kannenberg, wo seine Begabung sehr schnell auffiel. Bremens Africa-Cup afrikanischer Zuwanderer gewannen die Gambier sogar. Er habe zu Hause zwar in keinem richtigen Klub gespielt, aber bei einer Art Fußballschule und ständig vor dem Haus. Auch sei sein Großvater gut am Ball gewesen.
In der Akademie Kannenberg durfte er weiter Fußball trainieren. Dort kontaktierte man den Bremer Spielerberater Efe Aktas. Der brachte ihn zu Werder Bremen, wo er bei der U 23 ein Probetraining machte. Doch das Nachwuchsteam war Bakery Jatta zu wenig, so nutzte Aktas seine Kontakte zu HSV-Präsident Dietmar Beiersdorfer. Bereits beim ersten Training mit den Profis spielte Jatta mit einem Doppelpass Sven Schipplock frei, der auch ein Tor machte. Jattas erster Assist – obwohl er zum ersten Mal Schnee sah und bei minus sieben Grad auch noch auf diesem Boden Fußball spielen sollte.
Idol Neymar
Jatta verehrt den Brasilianer Neymar, „mein Idol“, und er mochte Mario Götze amliebsten, als der für Dortmund spielte. Er kennt Deutschlands Fußball aus dem Fernsehen, aber vom HSV nur Ivica Olic, und den aus seiner Zeit bei den Bayern.
Ins Trainingslager in die Türkei flogen die Hamburger ohne ihn, seine Rechtslage („Duldung“) hätte die Reise auch gar nicht erlaubt. Anschließend will der HSV weitersehen. Ein Job hätte für Bakery Jatta obendrein eine Aufenthaltsgenehmigung zur Folge, wobei er sich schon jetzt lieber als football player sieht denn als refugee, als Flüchtling.
Nach den ersten medizinischen Untersuchungen mehren sich inzwischen aber die Zweifel, dass das Alter von 17 Jahren stimmen kann. „Seine biologische Entwicklung ist abgeschlossen“, sagte Profifußball-Direktor Peter Knäbel. Nach Informationen des Hamburger Abendblatt könnte Jatta sogar schon 20 bis 21 Jahre alt sein. Ein Beweis liege nach dem Medizincheck aber nicht vor.
Flüchtlingsstatus
Sollte sich bewahrheiten, dass er älter ist als angegeben, stellt sich die Frage nach seinem Status in Deutschland. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge genießen rechtlich besonderen Schutz, dürfen nicht abgeschoben werden, was jedoch nicht für Erwachsene gilt. Flüchtlinge aus Gambia sind in der Regel nicht politisch verfolgt oder von einem Bürgerkrieg bedroht. Die Anerkennungsquote der Asylanträge liegt bei knapp einem Prozent.
Der HSV steht in Kontakt mit der Deutschen FußballLiga und dem Weltverband FIFA und prüft den Fall juristisch. Bakery Jatta würde im Fall einer Verpflichtung laut
Bild- Zeitung ein Gehalt von 120.000 Euro bekommen, inklusive Prämien könnte die Summe auf jährlich rund 300.000 Euro steigen.