Vernichtung durch
ORF-Schwerpunkt. „Mein Kampf“ist nun allerorts verfügbar. Das beste Gegengift? Eine Lesung von Qualtinger aus 1985.
Sein Leben war ja zunächst nicht so erfolgreich verlaufen. Adolf Hitler beschloss daher, „Politiker zu werden“, wie der nachmalige Führer 1924 in „Mein Kampf“notierte. Dieser Satz wurde zum geflügelten Wort. Von ebenso großer Tragweite war aber auch der vorangegangene: „Mit dem Juden gibt es kein Paktieren, sondern nur das harte Entweder-Oder.“
Die absurde Begründung kann man jetzt reich kommentiert nachlesen: Am 8. Jänner erschien eine fast 2000 Seiten starke, kritische Ausgabe von „Mein Kampf“. Der Freistaat Bayern hatte als Inhaber der Urheberrechte bisher jede Neuausgabe untersagt. Doch die Schutzfrist läuft generell am 1. Jänner nach dem 70. Todestag eines Autors aus. Das war im Falle Hitlers eben zu Neujahr.
Christian Hartmann, der Leiter des dreijährigen Editionsprojekts am Institut für Zeitgeschichte in München, bezeichnete die aufwendige Neuausgabe (59 Euro) als „Gegenrede zu Hitlers Schrift“. Und Andreas Wirsching, Direktor des Instituts für Zeitgeschichte, ergänzte: „Es wäre schlicht unverantwortlich, dieses Konvolut der Unmenschlichkeit gemeinfrei und kommentarlos vagabundieren zu lassen, ohne ihm eine kritische Referenzausgabe entgegenzustellen.“
Im Giftschrank
Viele begrüßten die Ausgabe, doch es gab auch Kritik. Ronald S. Lauder, Präsident des Jüdischen Weltkongresses, meinte, dass es das Beste wäre, dieses „abscheuliche Buch“dort zu lassen, wo es hingehöre: „im Giftschrank der Geschichte“. Doch Hitlers Machwerk, der Bestseller des Dritten Reiches, ist ohnedies überall verfügbar. Nicht nur im Ausland, auch in Österreich. Das Theaterkollektiv Rimini Protokoll schickt seine Akteure in jeder Stadt, in der es mit seiner amüsanten wie nachdenklich machenden Produktion über „Mein Kampf“gastiert, auf die Suche nach dem sagenumwitterten Buch. In Graz stieß man im Herbst 2015 nach kürzester Zeit sogar auf eine ganz spezielle Ausgabe.
Und auf YouTube kann man sich „Mein Kampf“in mehreren Tranchen anhören – völlig unkommentiert.
Welche Wohltat hingegen ist es, Helmut Qualtinger zu lauschen. Der grandiose Schauspieler, 1986 mit nur 57 Jahren gestorben, hatte bereits 1975 in Deutschland „Mein Kampf“zu Gehör gebracht. Zehn Jahre später, am 8. Mai 1985, las Qualtinger auch im Audimax der Uni