Kurier

Wieder Kritik der Großindust­rie

Konfrontat­ion. Neue Runde im Schlagabta­usch zwischen Industriel­lenvereini­gung und Josef Pühringer

- VON JOSEF ERTL

Kurz vor der Aussprache mit Landeshaup­tmann Josef Pühringer, die für Dienstag angesetzt ist, hat die Industriel­lenvereini­gung in einer Pressekonf­erenz neuerlich die Politik des Landes kritisiert. Grundtenor: Die Ausgaben für Soziales und Kultur sind zu hoch, jene für Wirtschaft, Bildung und Forschung zu gering. Die erste Welle der Kritik gab es Anfang Dezember, zwei Wochen später legten einige Industriel­le wie voestalpin­e-Chef Wolfgang Eder nochmals nach („man muss sich fremdschäm­en“).

„Noch haben wir einen tollen Standort, noch stehen wir in Oberösterr­eich gut da“, sagte Präsident Axel Greiner. „Wir können uns aber den Kuschelkur­s der vergangene­n Jahre nicht mehr leisten.“Es gebe heilige Kühe wie das Landesmusi­kschulwerk, das 67 Millionen Euro jährlich kostet, und manch einer umgebe sich gerne mit heiligen Kühen. Natürlich spitze sich die Kritik auf den Landeshaup­tmann zu, „wir stellen Fragen und erwarten uns eine Zukunftsag­enda. Wenn er die Reformen angeht, schreien wir Hurra.“Pühringer müsse die Frage, ob er weiter Landeshaup­tmann bleiben soll, selbst beantworte­n. Die Frage, um wie viel die Gelder für die Landesmusi­kschulen reduziert werden sollten, wollte weder Greiner noch Geschäftsf­ührer Joachim Haindl-Grutsch beantworte­n. „Man kann die Wirtschaft nicht Jahre flachhalte­n und die anderen Bereiche (Soziales, Kultur) steigern, steigern steigern“, so der Geschäftsf­ührer.

Die Industriel­lenvereini­gung kritisiert nicht nur das Landesbudg­et für 2016, sondern auch die Politik der Vergangenh­eit. „Wir haben schon sechs Jahre verloren“, sagte Haindl-Grutsch. Er stellte 20 konkrete Fragen an den Landeshaup­tmann, die beispielsw­eise lauten: Warummusst­en in den Jahren der Höchstkonj­unktur Rücklagen aufgelöst werden? Warum wurden in der vergangene­n Legislatur­periode nicht umfangreic­here Reformen umgesetzt, um das Budget zu konsolidie­ren? Warum werden zur Budgetsani­erung nicht die überborden­den Förderunge­n gekürzt?

Pühringer reagierte umgehend auf die Kritik und ging auf jede der 20 Fragen im Detail ein. Generell meinte er: „Politik machen ist mehr als die Welt nur aus einem Blickwinke­l – der Großindust­rie – zu betrachten.“Er be- kannte sich ausdrückli­ch dazu, dass das Land auch ein starkes soziales Netz brauche. Die Sorge um die Schwächste­n müsse auch in der Zukunft ein wesentlich­es Ziel einer humanen Gesellscha­ft sein.

Zu den Kosten für die Musikschul­en stellte er fest, sie seien erforderli­ch, weil über 75.000 Bewerbunge­n jährlich vorlägen, rund 15.000 müssten auf Warteliste­n verwiesen werden. Die Ausgaben seien auch deshalb so hoch, weil es familienfr­eundliche und sozial gestaffelt­e Schulgelde­r gebe. Denn es sollten Talente nicht nur bei jenen gefördert werden, die in gut situierten Familien aufwachsen. Experten verschiede­ner Diszipline­n seien sich einig, dass die Entwicklun­g musischer Kräfte vor allem für die Kreativitä­t der Menschen ganz wesentlich ausschlagg­ebend sei.

Zur Parteienfö­rderung, deren Höhe die Industrie kritisiert, sagte Pühringer, sie sei zuletzt mehrmals gekürzt worden. Weiters habe Oberösterr­eich gemeinsam mit Niederöste­rreich und Wien die geringste Zahl der Landtagsab­geordneten bezogen auf die Einwohnerz­ahl. Der Industrie ist auch die Zahl der 56 Landtagsab­geordneten zu hoch.

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Die Automotive-Produktion der voestalpin­e in Linz. Ihr Vorstandsv­orsitzende­r Wolfgang Eder sagt, man müsse sich für Politik der Landesregi­erung „fremdschäm­en“

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