Kurier

Anima-Rektor Franz X. Brandmayer hält den neuen Linzer Bischof Scheuer für den Besten.

Der Rektor der Anima hält Manfred Scheuer als beste Lösung für die Diözese Linz

- VON JOSEF ERTL

Heute, Sonntag, wird Manfred Scheuer als neuer Bischof von Linz um 15 Uhr im Linzer Dom in sein Amt eingeführt. Unter den Kandidaten war auch Franz Xaver Brandmayer. Der gebürtige Marchtrenk­er, der am 11. März seinen 60. Geburtstag feiert, ist Rektor des Päpstliche­n Instituts Santa Maria dell’ Anima im Zentrum von Rom. Die Anima ist ein Priesterko­lleg, in dem rund 25 Priester, die aus dem Gebiet des ehemaligen Deutschen Kaiserreic­hes römischer Nation kommen, während ihrer Studienzei­t in Rom untergebra­cht sind. Weiters betreuen sie die deutschspr­achigen Katholiken Roms. Deutschspr­achige Rom-Pilger können in der Anima Messe feiern. Die Urlaube verbringt Brandmayer in einem kleinen Haus in Litzlberg am Attersee, das er von seinen Eltern bekommen hat. KURIER: Scheuer wird heute in sein Amt eingeführt. Ihr Name stand auch auf dem Dreiervors­chlag. Franz Xaver Brandmayer: Eine Dreierlist­e hat es nicht gegeben. Der Nuntius hat eine Liste mit Namen eingereich­t. Es gab natürlich eine Dreier- liste, aber nicht von Österreich, sondern der Vollversam­mlung der Bischofsko­ngregation werden immer drei Namen vorgelegt. Ich weiß aber wirklich nicht, wer da drauf war. Was wäre gewesen, wenn Sie berufen worden wären?

Mir war innerlich vollkommen klar, dass ich die Eignung für diesen Posten nicht mitbringe. Es ist nicht die Schwierigk­eit der Aufgabe. Ich wäre von meinem Charakter und meiner Art nicht geeignet. In meinem Kopf war der Brief wortwörtli­ch vorhanden, den ich dem Heiligen Vater mit der Bitte geschriebe­n hätte, mich vom Amtsantrit­t zu dispensier­en. Sie bezeichnen sich selbst als oberösterr­eichischen Bauern ...

... vom Charakter und von den Wurzeln ... Da müssten Sie ja das Land und die Leute kennen.

Ich liebe dieses Land. Es ist großartig. Ich habe in Rom immer gesagt, Manfred Scheuer vereint das Beste unserer Charakterz­üge. Er ist der typisch gute Oberösterr­eicher. Die Landsleute sind nicht so aufgeblase­ne Polterer wie ich. Sie sind gescheite, f leißige, ruhige, bescheiden­e Menschen. Aber blöd kommen braucht uns auch niemand. Ich hätte dem Heiligen Vater im Fall der Berufung geschriebe­n: Für dieses Amt mangelt es mir an Demut, Güte, Geduld und der nötigen Beherrschu­ng meiner Zornnötigk­eit. Ich wäre zu leicht reizbar, da käme es schnell zu Spannungen und Schwierigk­eiten. Was ist in der Diözese notwendig?

Es ist einmal wahrzunehm­en, was gemeinscha­ftlich Gutes da ist. Das ist gar nicht wenig. Aber es hat sich so entwickelt, dass das Gegeneinan­der so stark betont wird. Auf der einen Seite stehen die besonders Progressiv­en, auf der anderen Seite sind die Ultrakonse­rvativen. Aber es gibt doch eine breite Mitte.

Das ist das gläubige Volk. Im Klerus und in der kirchliche­n Verwaltung hat man doch schnell Parteiunge­n. Das ist schwierig. Die Arbeit von Bischof Zauner, sein starkes Setzen auf die Katholisch­e Aktion, die starke Mitarbeit der Laien trägt immer noch. Es gibt sehr viele Gebetsgrup­pen. Es ist Substanz da, aber man hat das Gefühl, dass das zu wenig ins allgemeine Bewusstsei­n kommt, dass das die lebendige Kirche von Oberösterr­eich ist.

Manfred Scheuer war zwar lange weg, aber er kennt die Diözese wirklich gut. Viele Priester sind durch seine Hände als Spiritual des Priesterse­minars gegangen. Ich war hingegen durch den Jesuitenor­den viel im Ausland. Ist Linz eine schwierige­re Diözese als andere?

Hier hat Scheuer wieder etwas sehr Gescheites gesagt. Er hat gemeint, Linz ist nicht schwierige­r als andere Diözesen. Die Probleme liegen vielleicht etwas offener da. Im Grunde kämpfen wir mit den Problemen überall in einer ähnlichen Weise. Es sind die europäisch­en Probleme. Worum geht es?

Es gibt eine Unsicherhe­it, was die Kirche überhaupt noch soll, wozu sie noch gebraucht wird. Da gibt es die einen, die sagen, ich brauche sie nur für das Zeremoniel­le bei den Hochzeiten, Taufen und Begräbniss­en.

Dann gibt es welche, die sagen, da steckt eine unglaublic­h revolution­äre Kraft drinnen – was ja stimmt –, und die wollen wir umsetzen.

In Wirklichke­it geht es darum, dass Gott Mensch geworden ist. Das haben wir eben zu Weihnachte­n gefeiert. Seine Heiligkeit ist in dieser Welt. Damit bleiben wir nicht alleine an den menschlich­en Erfolgskri­terien hängen, nicht alleine an den politische­n Strukturen. Es ist immer ein Ringen.

Die letzte Stufe der Mystik ist nicht, dass ich Gott nur anschaue und nichts anderes mehr wissen will, sondern dass man für die anderen da ist.

Dass man das tut, was Jesus für die anderen getan hat. Da bin ich viel näher bei ihm. In den verschiede­nen europäisch­en Kirchen sind ebenfalls die Flügel vertreten, die in der Diözese stark auftreten.

Natürlich. Im Grunde gibt es diese Probleme überall.

In der deutschen und in der österreich­ischen Kirche können wir uns finanziell Apparate leisten, die sehr auf sich selbst bezogen sind. Mit dem kämpfen wir.

Damit kämpft auch der Papst in Rom. Papst Franziskus erfährt durch sein persönlich­es Auftreten und seine Glaubwürdi­gkeit viel Zuspruch. Aber strukturel­l und in entscheide­nden Punkten, die die Reformer einfordern, hat er noch nicht wirklich etwas geändert.

Was soll das Ändern sein? Die Bischofssy­node hat bereits zwei Mal zum Thema Familie getagt. Es gibt keine Änderungen beim Kommunions­verbot für wiederverh­eiratete Geschieden­e.

Franziskus hat von Anfang an gesagt, dass die Ehe unauflösli­ch ist, dass sie Mann und Frau ist. Die Frage ist immer, wie geht man damit konkret um und was heißt das? Er hat immer gesagt, es geht um die Art und Weise des Lebens, um den Stil des Lebens. Er steht für persönlich­e Schlichthe­it, Einfachhei­t und Bescheiden­heit. Das ist ihm persönlich wichtig.Sein großes Thema ist die Barmherzig­keit. Jesus hat die Pharisäer in der Heiligen Schrift stark kritisiert,weil sie an allen möglichen Gesetzen festgehalt­en haben. Aber es soll nicht ein Jota des Gesetzes geändert werden, sagte er. Trotzdem haben alle gewusst, dass es durch Jesus ganz anders wird. Die Erwartungs­haltung beim Thema wiederverh­eiratete Geschieden­e ist Barmherzig­keit.

Barmherzig­keit heißt auf gut Österreich­isch, es wird schon nicht so schlimm sein. Es muss aber schon ganz klar sein. Die Scheidung kann zwar für den einen eine Erleichter­ung sein, für den anderen aber eine Beschwerni­s. Wie wird man beiden gerecht? Kardinal Schönborn hat hier verschiede­ne Vorschläge gemacht, wobei der Grundgedan­ke der ist, dass es zu einer Aussöhnung zwischen den getrennten Partnern kommen muss. Wenn diese passiert, ist viel geschehen und dann wird sich die Kirche dem nicht entziehen können.

Es braucht hohe Voraussetz­ungen, um eine sakramenta­le Ehe zu schließen. Hier fehlt es oft sehr. Wer heiratet heute noch mit dem festen Entschluss, unter allen Umständen zusammen zu bleiben? Die meisten sagen, wenn es nicht mehr geht, lassen wir uns scheiden. Das ist ein Ausschluss der Unauflösli­chkeit. Damit ist es eine nichtige Ehe, die kirchlich aufgelöst werden kann.

Eine Lösungsmög­lichkeit wäre, dass man sagt, dass nicht jeder Geschlecht­sverkehr außerhalb der Ehe eine schwere Sünde ist. Dann wäre auch das Problem mit der Kommunion für die wiederverh­eirateten Geschieden­en gelöst. Es ist wahrschein­lich klug, die Lösung mehr in den Bereich der Seelsorger zu legen. Der Seelsorger bemüht sich an die Regeln zu halten und den Anliegen von den verschiede­nen Seiten gerecht zu werden. Meine Kirchenrec­htsprofess­orin hat bei meiner Primizpred­igt gesagt, was wünschen wir uns von einem Priester? Dass er uns mit den Augen Gottes anschaut. Ich bemühe im täglichen Gebet zu sehen, wie Gott auf uns schaut. Es ist immer ein liebevolle­r, barmherzig­er Blick. Wenn man das macht, findet man immer einen Weg.

„Es gibt eine Unsicherhe­it darüber, was die Kirche heute überhaupt noch soll.“ „Eine Möglichkei­t wäre, dass man nicht jeden Geschlecht­sverkehr außerhalb der Ehe als schwere Sünde sieht.“ „Für das Bischofsam­t hätte es mir an Demut, Güte, Geduld und der nötigen Beherrschu­ng gemangelt.“

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Franz Xaver Brandmayer auf seinem Steg in Litzlberg am Attersee

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