Verliebt in Afrika Tansania.
Am Fuße des Kilimandscharo schufen die Wiener Ärztinnen Christine Wallner und ihre Tochter Cornelia nicht nur erstaunliche Hilfsprojekte für Einheimische, sondern auch eine paradiesische Lodge in der Maasai-Savanne.
Wenn Boni lacht, funkelt sein schneeweißes Gebiss. Zwei der unteren Schneidezähne fehlen. Warum, wird der „Warrior“(Krieger), wie junge Maasai-Männer zwischen 20 und 45 Jahren genannt werden, später bei einer Wanderung durch die trockene und doch so pflanzenreiche Savanne erzählen. Er verpackt vieles übers Leben, die Traditionen und Werte der Maasai in spannende Geschichten.
Stressfrei
Urlaub in der Maasai Lodge der österreichischen Ärztinnen Christine Wallner und ihrer Tochter Cornelia Wallner-Frisee ist kein Touristennepp. Da fahren keine Jeeps in Kolonnen hinter Giraffen, Büffeln oder Nas- hörnern her. In die hügelige Steppe zwischen Kilimandscharo und Mount Meru geht der Maasai-Guide Boni, begleitet von einem Esel, der das Picknick trägt, mit zwei bis vier Gästen zu Fuß. Keine Straßen, kein Lärm, nur ab und zu das Meckern von Ziegen und das Blöken von Schafen, die ein Maasai-Bub kilometerweit zu einem Hauch von Grün führt.
Da, auf dem heiligen Hügel, den die Maasai aus Dankbarkeit „Baba“Christine für den Bau der zwei Schulen in der Region und ihre medizinische Hilfe geschenkt haben, ist keiner der 15 Mitarbeiter ein Weißer. Hier ist selbst der Lodge-Manager Lesse ein Maasai. Und das ist gut so.
Da ist kein Möbel, kein Vorhang, keine Lampe ein importiertes Designerstück. Wallner ließ alles von Einheimischen mit Materialien aus der Region herstellen. Die zehn Bungalows wurden in der Tradition der „Boma“(Maasai-Hütten) gebaut: ein Holzgerüst, das mit einer Mischung aus Termitenerde, Eseloder Kuhdung und Wasser verputzt und mit Stroh gedeckt wird. Einzige Ausnahmen: In den Lodge-Bomas gibt’s in alle Himmelsrichtungen Fenster. Auch der Infinity-Pool mit dem Badehaus schmiegt sich in Farben und Bauweise an die hügelige Landschaft.
Nicht nur sehr geschmackvoll ist diese puristische Anlage, sondern vor allem erfrischend authentisch, anders, echt, ehrlich – wie die Menschen in diesem Land. „Charitable Tourism“nennt Wallner, die gemeinsam mit ihrer Tochter den Preis „Women of the Year 2015“für den Bereich Gesundheit bekam, ihre Africa-Amini-Life-Unterkünfte. „Alle Einnahmen kommen unseren Projekten zugute. Da zahlen unsere Gäste gerne, wenn sie sehen, wo ihr Geld landet.“
Kraftfelder
Am abendlichen Lagerfeuer vor dem Restaurant der Lodge erzählt Wallner von besonderen Kraftfeldern, die sie immer wieder anziehen. Wie der riesige
Feigenbaum in Momella, neben dem sie vor acht Jahren ihre Krankenstation zu bauen begann. So vielfältig wie die Landschaft in Tansania ist – von tropischen Regenwäldern bis zu endlosen Graslandschaften –, so vielfältig sind auch die Hilfsprojekte der 71-jährigen Ärztin (sie
he nächste Seite): „Meine Kraftplätze haben mich beflügelt, das zu machen, was ich wollte.“
Diese Magie des Kraftplatzes spürt der oberösterreichische Arzt Wolfgang, als er nach einer Stunde Fahrt vom Flughafen nach Ngabobo über Sandstraßen mit gewaltigen Schlaglöchern von der freundlichen Maasai-Mannschaft begrüßt wird. Und danach den Alltag vergisst, tief Luft holt, den magischen Sonnenuntergang vor
dem Bungalow inhaliert, sich von der absoluten Stille der Nacht und dem glitzernden Sternenhimmel, den er vom Bett aus sieht, in den Schlaf wiegen zu lassen. „Das ist atemberaubend“, sagt er beim Frühstück in Richtung des Schweizer Paars, das ihm schmunzelnd beipflichtet. Am Ende der Reise, wenn sie den Dermatologen im Restaurant bei der Africa-Amini-Alama-Krankenstation in Momella wieder treffen, werden sie ihn fragen: „Was hat dir an der Reise am besten gefallen?“
Ereignisreich
War es der Maasai-Tag, den der Arzt traditionell in der bunten Shuka (Gewand der Maasai) mit den Männern verbrachte – vom Schlachten einer Ziege über den Wettkampf im Speerwerfen bis zu dem Festtagsbraten, der am Lagerfeuer verspeist wird?
War es der Aufstieg auf den heiligen Berg Mukuru, den sonst nur Maasai besteigen, oder der Besuch auf dem authentischen Markt in Ngare-Nanyuki?
War es die Einladung zu einer Maasai-Hochzeit, ein Ereignis, bei dem Wallner-Gäste immer eingeladen sind?
War es der Ausflug mit Boni, der dem Schulmediziner die „Maasai-Apotheke“(die Heilkräuter der Natur), die „MaasaiZahnbürste“(ein Ast) und das „Maasai-Taxi“(ein Esel) zeigt? Da erklärt ihm Boni, ein Mann mit fein ziseliertem Körperbau, als wäre er von Michelangelo gemeißelt, wie er sich seine Zahnbürste aus dem Ast der „Persica Salvadora“, dem Zahnbürstenbaum, schnitzt. „Der Saft tötet Bakterien und wirkt wie ein Bleaching“, sagt er, fährt mit dem Staberl durch die Zahnlücke und lacht: „Meine Großmutter hat mir die Zähne als Bub mit einem Messer ausgebrochen, damit man mir, wenn ich im Busch ohnmächtig werde, Wasser oder Medizin durch die Lücke einflößen kann.“
War es das Bad in den Chemka Springs? Das warme, weiche Wasser, das sich in einem türkisfarbenen Teich sammelt?
Oder waren es die Tage in Momella, wo er in der Krankenstation mithalf, Schnittwunden nähte, Krebs diagnostizierte, im Waisenhaus die Kinder untersuchte und des Nachts von Giraffen besucht wurde?
„Das hat mir alles wahnsinnig gefallen. Individueller geht’s gar nicht“, antwortet Wolfgang. „Aber am schönsten war für mich das Abendessen mit Lesse, dem Manager der Maasai Lodge. Feinfühlig, philosophisch und fesselnd hat er mir die Tradition der Maasai nähergebracht.“So nah, dass Wolfgang gerade wieder in Tansania als Arzt im Einsatz ist.