Vor den Olympischen Spielen im Sommer auf Spurensuche bei den Donauschwaben
Südamerika. Vom 5. bis 21. August wird Rio de Janeiro mit den Olympischen Spielen im Fokus des Interesses stehen und ausgebucht sein. Man sollte die Zeit davor oder danach für eine Visite nutzen, zum Beispiel bei den Donauschwaben.
Zwischen Copacabana, Zuckerhut und den IguazúWasserfällen bleibt ja vielleicht Zeit, Ex-Österreicher vor Ort zu besuchen. Ob den Edelsteinverkäufer aus Graz im Souvenir-Shop „Amsterdam Sauer“auf der Spitze des Zuckerhutes, dem Braumeister des „Donau Bier“im „Dorf 3“von Entre Rios sowie seinen Stammgästen, den aus Österreich ausgewanderten „Donauschwaben“.
Österreich-Wurzeln
1822 wurde Brasilien von Portugal unabhängig und ein Kaiserreich. Leopoldine, Tochter des österreichischen Kaisers Franz I., wurde die Ehefrau des brasilianischen Kaisers Pedro I. Sie war es auch, die Tiroler Bauern ein besseres Leben in Südamerika offeriert und die Gründung eines Dorfes namens „Tirol in Brasilien“unterstützt hat. Das Dorf liegt nahe Santa Leopoldina 70 km landeinwärts von der Hafenstadt Vitória am Atlantik. Die Anfahrt ist bis heute nicht einfach und dauert etwa zwei Stunden. Die Vorfahren der Bewohner stammen aus dem Stubai- und dem Oberinntal. Einige der Häuser sind im Tiroler Stil errichtet und liegen in einer gebirgigen Gegend auf rund 800 Meter Seehöhe. Rund 100 Einwohner pflegen bis heute Sprache und Tradition der alten Heimat. Auch „Treze Tílias“(Dreizehnlinden) im Bundesstaat Santa Catarina ist eine Siedlung öster- reichischer Emigranten. Bis heute gilt ihre Einladung: „Besuchen Sie die Tiroler Gemeinden Brasiliens! Sie sind willkommen!“
In den 1950er-Jahren wanderten die zu Ende des Zweiten Weltkriegs aus Ungarn und Jugoslawien nach Österreich vertriebenen Getreidebauern (Donauschwaben) nach Brasilien aus. Den bettelarmen, aber fleißigen Asylanten wurde Land angeboten, um Brasilien von Getreideimporten unabhängig zu machen. Tausende Familien nahmen das Angebot an und haben sich mithilfe der „Schweizer Europahilfe“in den „Campos“von Rio Grande do Sul, Paraná und Entre Rios niedergelassen. Das Klima erlaubt hier zwei Ernten im Jahr. Im Sommer werden Soja, Mais und Reis, im Winter Gerste, Weizen und Hafer angebaut. Und zwar in Direktsaat, ohne die Felder zu pflügen, um eine gefürchtete Bodenerosion zu vermeiden.
Dorf 1 bis Dorf 5
Entre Rios ist die jüngste und erfolgreichste Ansiedlung mit Deutsch sprechender Bevölkerung. Die Auswanderer kamen auf dem Hochseeschiff „Provence“in die neue Heimat und legten fünf Dörfer an. Sie wurden zwar nach alten Flurnamen wie Vitória für Sieg oder Cachoeira für Wasserfall benannt, für deutschsprachige Einwohner heißen sie aber immer noch „Dorf 1“bis „Dorf 5“– nach der Reihenfolge des Eintreffens der Flüchtlingstransporte. Zu sehen ist die Geschichte der Einwanderer übrigens im prächtigen „Heimatmuseum“, dem auch ein deutscher Regionalsender angeschlossen ist. Eine Spurensuche funktioniert aber auch persönlich: Der 400-Hektar-Bauer Toni Herz erzählt in perfektem Deutsch gerne die Geschichte seiner Eltern, wenn nach Feierabend im „Dorf 3“im Saal der „Donau-Brauerei“bei Knacker und Sauerkraut, Bratwurst oder Schweinsschnitzel deutsche Lieder angestimmt werden. Ein Anflug von Heimweh ist durchaus erkennbar. Dass auch Liedtexte von Freddy Quinn oder Peter Alexander gesungen werden, zeigt die Verbundenheit mit der alten Heimat …
Ein blühender Zweig in der Landwirtschaft ist – allerdings italienisch dominiert – seit einigen Jahren auch der Anbau und die Vermarktung von 600.000 Tonnen Trauben rund um die Weinmetropole Bento Goncalves. Die berühmteste Kellerei, „Vinicola Salton“, ist in einem Prachtbau untergebracht und bietet Führungen. Hier wird auch der Papstwein „Talento“gekeltert. Eindrucksvoll sind ebenso die Sektkellerei „Chandon“und die Kellerei „Aurora“bei Porto Alegre. Die Top- Weine werden in luxuriösen Verkostungsräumen präsentiert.
Das zentrale Hochland von Paraná, zwischen den Flüssen Jordão und Pinhão, bietet riesige Araukarien-Wälder. Araukarien sind die einzigen Nadelbäume Brasiliens und eine Art Wahrzeichen. Ihr astloser Stamm trägt eine prächtige Krone gleich einem vielarmigen Kandelaber. Die Bäume stehen unter Naturschutz, wie auch die gesamte Vegetation in den zahlreichen Nationalparks des Landes. Einer der größten kann mit dem „Sierra Verde Express“, einer Schmalspur-Gebirgsbahn, die zwischen der Großstadt Curitiba und dem historischen Städtchen Morretes – bekannt für hervorragende Gastronomie – in vollen Zügen genossen werden.
Touristische Highlights
Wer Brasilien besucht, kommt an den touristischen Höhepunkten nicht vorbei: Rio de Janeiro, das pulsierende Zentrum des Landes, liegt wunderschön zwischen Meer, Hügeln und Regenwald. Die High Society hat sich an der Copacabana niedergelassen. Der Besuch des Zuckerhut mit der Seilbahn bietet einen prachtvollen Panoramablick auf die Guanabara Bucht, die den noblen Strand vom Stadtteil Botafogo – mit seinen Cafés, Kinos, Theater und großen Einkaufszentren – von den Witterungseinf lüssen des Atlantischen Ozean abschirmt.
Ein Muss ist auch der Besuch des Corcovado mit der Christusstatue Cristo Redentor. Die monumentale Statue ist 30 Meter hoch, stammt aus dem Jahr 1931 und ist – so wie die Spitze des Zuckerhutes – nicht immer zu sehen, weil sie sich gelegentlich hinter Wolken versteckt. Zur Christusstatue gelangt man durch einen sehenswerten Urwald mit exotischen Pflanzen, dem Parque Nacional da Tijuca, mit einer in der Schweiz produzierten Zahnradbahn. Sehenswert sind auch die Favelas an den Berghängen um Rio. Ein Besuch auf eigene Faust ist nicht zu empfehlen. Gegen eine kleine Spende geben aber einheimische Führer einen Einblick in die illegalen Siedlungen mit ihrer halb legalen Verwaltung durch Drogenbarone. Polizisten lassen sich hier nur selten blicken.
Mit dem Flugzeug gelangt man dann nach Foz do Iguaçu nahe dem Dreiländereck Uruguay, Argentinien, Brasilien: Der Besuch der weltweit größten Wasserfälle von Iguazú sind ein Erlebnis, das man ein Leben lang nicht vergessen wird. Die Fälle liegen im Nationalpark Iguazú, welcher zum UNESCOWelterbe gehört. Der Name hat seinen Ursprung in den Wörtern „y“für Wasser und „guasu“für groß. Die tosenden Wasserkaskaden kann man auch ganz prickelnd aus der Vogelperspektive vom Hubschrauber aus betrachten. Zehn Minuten Flug kosten 80 Euro.