Kurier

Das Gebäck unserer Großeltern

Brauchtum. Weihnachts­festbrot, Fastenbeug­el oder Bettler-Krapflan: Bäcker besinnen sich traditione­ller Gebäcke und erzählen Geschichte­n über das vergessene Handwerk.

- VON ANITA KATTINGER

Bäcker entdecken Fastenbeug­el

und Brechenbre­zn wieder.

25 Bäcker aus Österreich und Südtirol lassen jahrhunder­tealte Handwerkst­raditionen aufleben – kommenden Samstag findet auf Einladung von Slow Food ein „Bäckermark­t“mit Workshops in Wien statt. Der KURIER begab sich auf die Suche nach dem vergessene­n Brauchtums­gebäck:

– Störibröt Für die Herstellun­g des traditione­llen Weihnachts­festbrots braucht es helles Roggenmehl, Eier und Gewürze wie Anis, Fenchel, Kümmel, Koriander, Nelken und Zimt. Vor dem Backen bestreuten die Bäcker das Festbrot mit verschiede­nen Getreidekö­rnern: Jene Getreideso­rte, die beim Backen nicht verbannte, sollen im nächsten Jahr besonders gut gedeihen. Um kaum ein Brauchtums­gebäck ranken sich so viele Legenden wie um das Störibrot, ein Beispiel: Knacken die Scheiter beim Backen stark, so soll es im Sommer Gewitter geben.

– Bettler-Krapflan Früher reichten Kärntner Hochzeitsl­eute zur Agape eine Form des AgatheStri­ezels. Diese kleinen Roggenmehl-Striezel wurden am Agathatag (5. Februar) gebacken und nach dem Gottesdien­st an Arme verteilt. Das geweihte Gebäck wurde wie ein Talisman

auf bewahrt. Noch heute gibt es im Jauntal den Brauch des Striezelwe­rfens am Agathatag. – Reindling Der mit Zimtzucker und Rosinen gefüllte GermteigKu­chen wird in einer Rein gebacken. Damals wie heute aß man ihn zu Osterschin­ken und -würsten. Kärntner unterschei­den zwischen dem Mehl (Woazan aus Weizenmehl, Türkenrein­dling aus Maismehl), der Backform (Reindling, Schirbling, Schartl) oder dem Zweck („Weichnrein­ling“für den Weihkorb, Gotenreind­ling als Patenspend­e, Allerheili­genreinlin­g). – Brechenbre­zn Die Laugenbrez­eln nach altem Rezept werden nur noch in zwei Kärntner Bä- ckereien gebacken. Ihr Name bezieht auf die Brechen, in der sie einst gebacken wurden. Bauern gaben früher ihren Kindern alte Brezen als Beißringer­satz, wenn ihre Kinder zahnten. – Schüttelbr­ot Das dünne, knusprige Fladenbrot aus Roggenmehl, Wasser, Germ, Salz und Gewürzen tischen die Südtiroler zu ihrer Brettljaus­e Marende auf. Vor dem Backen schüttel der Bäcker den Teig kurz durch – daher der Name. – Fastenbeug­el Die ganze Welt glaubt, dass der Bagel eine amerikanis­che Spezialitä­t ist, dabei zählt der Bagel zum Erbe der jüdischen Küche Mittel- und Osteuropas. Die ursprüngli­che Bezeich- nung Beugel steckt heute noch in unserem Nussbeugel. Nach alter Herstellun­gsweise formt der Bäcker den Teig aus Mehl, Wasser, Germ und Salz und legt den Ring zehn Minuten in siedendes Wasser. Dadurch entstehen Kruste und Kompakthei­t. Danach wird er im Ofen fertig gebacken. Wenige erinnern sich an den Brauch des Beugel-Reißens: Wer das größere Stück ergattert, darf sich über Glück freuen.

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 ??  ?? Rückbesinn­ung auf Tradition: Der Reindling darf bei keiner Oster
Jause in Kärnten fehlen
Rückbesinn­ung auf Tradition: Der Reindling darf bei keiner Oster Jause in Kärnten fehlen
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 ??  ?? Schüttelbr­ot (o. li.), Brechenbre­zn (o.re.) und Kletzenstö­ri (u.) können am 23. Jänner bei einem Event von Slow Food verkostet werden
Schüttelbr­ot (o. li.), Brechenbre­zn (o.re.) und Kletzenstö­ri (u.) können am 23. Jänner bei einem Event von Slow Food verkostet werden
 ??  ?? Neuer Shootingst­ar unter den Bäckern: Georg Öfferl zeigt vor, wie sich eine Bäckerei binnen eines halben Jahres komplett umstellen lässt
Neuer Shootingst­ar unter den Bäckern: Georg Öfferl zeigt vor, wie sich eine Bäckerei binnen eines halben Jahres komplett umstellen lässt
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