Italien plant Asyl-Hotspot in Tarvis
Asyl-Anlaufstellen. Ortschef kündigt „Widerstand “an / EU-Pläne bleiben vage
Flüchtlingsströme ändern sich, wenn sich politische Entscheidungen ändern – die Regierung in Rom bereitet sich aus diesem Grund derzeit auf eine zunehmende Migrantenbewegung aus Slowenien und Albanien nach Italien vor. Ein neuer Flüchtlings-Hotspot in Tarvis nahe der Grenze zu Kärnten ist in Planung. Bürgermeister Renato Carlantoni will „massiven Widerstand“leisten.
Nach der Ankündigung von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, einen Teil der Flüchtlinge an der Grenze zu Slowenien abweisen zu wollen, wird eine wachsende Zahl von Migranten auf der Balkanroute sowie via Albanien nach Italien ausweichen. Laut der italienischen Zeitung La Repubblica rüstet sich Rom dafür mit der Schaffung neuer Hotspots für die Migrantenregistrierung. Die endgültige Entscheidung will Rom nach dem EU-Gipfel der Innen- und Justizminister nächste Woche treffen.
Tarvis wird als erste Anlaufstelle genannt, Görz und Triest sollen folgen (siehe Kar
te). An diesen „Brennpunkten“sollen alle ankommenden Flüchtlinge registriert werden, um sie anschließend in der EU zu verteilen. Die für Migration und Grenzkontrollen zuständige Stelle der „Questura di Udine“wollte die Meldung auf KURIER-Anfrage nicht bestätigen.
Erfolgreich ge ehrt
Die Betroffenen erfahren von all diesen Plänen offensichtlich zuletzt. „Ich habe keine offizielle Mitteilung bezüglich eines Hotspots in Tarvis“, sagt Renato Carlantoni, Bürgermeister von Tarvis. Er vermutet, dass die sogenannte „Gebirgsjägerkaserne“, die 2014 geschlossen wurde und 500 Menschen Platz bieten würde, als Registrierungsstelle für Flüchtlinge im Gespräch ist. „Aber wir werden uns massiv mit allen zur Verfügung stehen Mitteln gegen dieses Vorhaben wehren. Ein 4500-Einwohner-Ort, der vom Tourismus lebt, darf kein Flüchtlings-Hotspot werden“, kündigt der Bürgermeister Proteste an.
Vor rund einem Jahr hatte Carlantoni 2000 Unterschriften gesammelt und sich somit erfolgreich gegen die Umfunktionierung der Kaserne in ein Erstaufnahmezentrum gewehrt.
Es bleibt abzuwarten, was wirklich geschieht. Denn von den im Mai 2015 als Sofortmaßnahme vorgeschlagenen Hotspots, Herzstück der EU-Flüchtlingsagenda, ist bisher noch wenig umgesetzt. Noch vier Wochen, beteuerte jetzt EU-Flüchtlingskommissar Dimitris Avramopoulos, dann sind die in Griechenland und Italien geplanten Zentren zur Registrierung von Flüchtlingen einsatzbereit.
Sehr unzufrieden äußerte sich der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier „über das, was sich derzeit auf der europäischen Ebene tut“. Er spreche nicht nur die gerechte und faire Verteilung der Flüchtlinge in der EU an, „sondern wir hängen auch weit zurück bei der Etablierung der Hotspots“. Wenn EU-Kommissar Avramopoulos ankündige, dass die Hotspots in Griechenland und Italien innerhalb der nächsten vier Wochen eingerichtet sein würden, wisse er nicht, auf welcher Grundlage diese Behauptung beruhe, ätzte Steinmeier.
272 Flüchtlinge erteilt
Heute sind es nach Angaben der Agentur Frontex gerade einmal drei: auf der italienischen Insel Lampedusa, im sizilianischen Trapani und auf der griechischen Insel Lesbos. Dort werden die neu ankommenden Flüchtlinge im besten Fall registriert und Fingerabdrücke genommen. Polizisten aus ganz Europa, fünf davon aus Österreich, kümmern sich im Auftrag von Frontex darum.
Von einer Verteilung auf alle Länder der EU ist heute keine Rede mehr. 160.000 Menschen wurden im Vorjahr in Brüssel auf dem Papier auf die Länder Europas verteilt – 272 Asylsuchende waren es bisher in der Realität.
Die Hotspots, so die traurige Bilanz eines Reporters der Deutschen Welle auf Lesbos, „sind bisher ein Konzept ohne jede Konsequenz“.