Szydło warb für nationale Kurskorrektur in Polen
Mit einer Charmeoffensive wollte Beata Szydło die EUAbgeordneten vom Kurs der neuen rechtskonservativen Regierung in Polen überzeugen und damit Normalität signalisieren. Sie sei gekommen, um „ungerechte, auf Desinformation basierende Äußerungen auszuräumen“.
Bei ihrer Rede am Dienstagnachmittag im Plenum des Parlaments hatte die Ministerpräsidentin eine einzige Botschaft: Mit der absoluten Mehrheit der rechtskonservativen Partei „Recht und Gerechtigkeit“(PiS) gebe es die Legitimation zu einem Umbau des Staates. Sie beharrte darauf, dass es zu „keinerlei Verletzung der Verfassung in Polen gekommen ist“. Sie verstehe gar nicht, warum ihrem Land so viel Zeit gewidmet werde.
Kommissionsvize Frans Timmermans erläuterte die Gründe für die sachliche Prü- fung für die Umgestaltung des Verfassungsgerichtes sowie der neuen Mediengesetze. „Das Verfahren stützt sich auf Fakten und einem sachlichen Dialog mit Polen“, betonte Timmermans.
Vergangene Woche wurde ein sogenannter Rechtsstaatsmechanismus eingeleitet, Szydło will ihn nicht verstehen. Das Gespräch mit der EU will sie aufnehmen, die „polnische Souveränität ist ihr dabei heilig“.
Die Reaktionen der Abgeordneten auf die Regierungsschefin waren gespalten: Othmar Karas (ÖVP) warnte vor einer „Vorverurteilung“Polens. Der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, hätte protokollarisch die erste Wortmeldung nach der Szydło-Rede, als CSU-Politiker verzichtete er darauf, um die deutschpolnischen Beziehungen nicht noch weiter zu belasten.
Trotz Lächelns musste Szydło von Landsleuten Kritik einstecken. Vor ihrer Re- de traf sie alle 51 polnischen Parlamentarier. Sie appellierte an die Opposition, die Regierung zu unterstützen. Der Versuch scheiterte. Der liberalkonservative Abgeordnete von der Bürgerplattform, Adam Szejnfeld, erwiderte: „Wir werden nicht lügen, sondern die Wahrheit sagen über das, was die Regierungspartei, die Regierung und das Staatsoberhaupt in unserem Land tun.“
„Diktatur der Mehrheit“
Als Kontrastprogramm zu Szydło trat in Straßburg Mateusz Kijowski vom Komitee zur Verteidigung der Demokratie in Polen auf. Er verwies darauf, dass es „derzeit nicht möglich ist, mit der Regierung ins Gespräch zu kommen“. Er betonte, dass PiS das Land umgestalten könne, aber „nach einem rechtsstaatlichen und demokratischen Procedere“. Aber PiS missverstehe die Demokratie, denn: „Demokratie bedeutet nicht Diktatur der Mehrheit“.