Dominoeffekt, ja bitte
Zeichen der Vernunft in der Asylpolitik nützen (fast) allen.
Zwei Politiker links und rechts im ZiB2-Studio – dieses Setting steht im Normalfall für ein heftiges Streitgespräch. Die beiden Bürgermeister, die Montagabend bei Armin Wolf saßen, signalisierten nur äußerlich Gegensätzliches: Ein roter und ein schwarzer Ortschef berichten über ihre Erfahrungen im Zusammenleben im Flüchtlingen. Im Ton beherzt, aber sachlich; in der Wortwahl empathisch, aber realistisch: Es gehe um „Gäste, die ihr Land verlassen mussten“(SP-Bürgermeister Dieter Posch, Neudörfl im Burgenland). Flüchtlinge sollen sofort arbeiten dürfen, sei es, dass sie – wie in seinem Fall – „die Straßenlampen im Ort reinigen“(VP-Bürgermeister Hannes Pressl, Ardagger in NÖ). Rot und Schwarz ziehen bei der größten Herausforderung für Europa seit dem Zweiten Weltkrieg an einem Strang. Das ist wohltuend nach den Hahnenkämpfen, aus denen allein die Blauen als lachender Dritter vom Platz gehen.
Nach den schrillen Vorwahlkampf-Tönen ist heute beim Flüchtlingsgipfel auch Konsens in der Koalition angesagt. Der Zustrom wird deutlich begrenzt: Heuer wird Österreich maximal ein Drittel der Asylwerber 2015 ins Land lassen. Das Zeichen, das Gesetz des Handelns nicht aus der Hand zu geben, war politisch überfällig; wie das praktisch gelingen kann, ist vielfach noch offen. – „Uns wäre schon sehr geholfen, würde die Regierung mit einer Stimme sprechen und nicht in einen Wettbewerb eintreten: Wer schützt seine Bürger besser vor Schutzsuchenden“, sagt Praktiker Posch, dessen Gemeinde in den 90erJahren Hunderte Flüchtlinge erfolgreich integrierte.
Mehr Zeichen einigender Vernunft statt spaltender Emotion würden ganz Österreich guttun. Zuvorderst jenen Hunderten Bürgermeistern und Zehntausenden Bürgern, die sich nicht entmutigen lassen, ohne großes Aufsehen jenen zu helfen, die schon da sind und die noch kommen werden. Der „positive Dominoeffekt“, auf den Außenminister Kurz in der EU durch „Grenzen dicht“hofft, wäre hierzulande so ohne Wenn und Aber garantiert.