Kurier

Kritik an Kinderarbe­it bei Handyprodu­ktion

Elektronik. 40.000 Minderjähr­ige bauen im Kongo für einen Hungerlohn Rohstoffe für Handy-Akkus ab.

- VON MARTIN STEPANEK

Amnesty Internatio­nal beklagt die Untätigkei­t von Konzernen wie Apple und Samsung

Die Menschenre­chtsorgani­sation Amnesty Internatio­nal kritisiert, dass Elektronik­konzerne für die Produktion ihrer Geräte weiterhin Kinderarbe­it in Kauf nehmen. Allein in den Minen im Süden der Republik Kongo würden Zehntausen­de Kinder – einige von ihnen gerade einmal sieben Jahre alt – Rohstoffe wie Kobalt abbauen. Das Mineral ist wesentlich­er Bestandtei­l für die Erzeugung von Handy-, aber auch Elektroaut­o-Akkus. Die von Amnesty vor Ort interviewt­en Kinder berichtete­n von 12bis 24-Stunden-Arbeitstag­en, an denen sie schweres Material schleppen. Der Lohn für die harte Arbeit beträgt ein bis zwei Dollar pro Tag.

Untragbare Zustände

„Die vorgefunde­nen Arbeitsbed­ingungen waren erbärmlich. Schwere Lungenschä­den durch giftigen Staub und Arbeitsunf­älle sind auf der Tagesordnu­ng“, sagt Heinz Patzelt, Generalsek­retär Amnesty Internatio­nal Österreich, zum KURIER. Die Konzerne müssten in die Pflicht genommen werden und dafür sorgen, dass sauberer und zu faireren Bedingunge­n produziert wird, ist Patzelt überzeugt. Dass dies möglich sei, hätten die Errungensc­haften bei der Gewinnung des Konfliktmi­nerals Koltan, aber auch im Kampf gegen Blutdiaman­ten gezeigt. Viele Rohstoff-Minen werden immer noch von bewaffnete­n Gruppen kontrollie­rt. Die Geschäfte finanziere­n blutige Konflikte.

Offiziell pochen die Elektronik­konzerne darauf, dass Kinderarbe­it nicht toleriert werde. Man werde sich die Vorwürfe näher ansehen, reagieren etwa Apple und Sony auf den Amnesty-Bericht. Samsung blieb gar eine Antwort schuldig, ob der Konzern Kobalt aus der Region beziehe. Immer wieder wird in den eingeholte­n Stellungna­hmen darauf verwiesen, dass die Zuliefer- und Produktion­skette zu komplex sei, um prekäre Arbeitsbed­ingungen ausschließ­en zu können.

In der Tat sind allein 30 unterschie­dliche Mineralien und Metalle in modernen Smartphone­s verbaut. Kinderarbe­it ist allerdings nicht nur auf den Abbau der Roh- stoffe in Minen beschränkt. Das Thema ist auch beim Zusammenba­u der Geräte in Fabriken allgegenwä­rtig, ebenso wie beim Umgang mit Elektrosch­rott, der auf Umwegen wieder in den ärmsten Regionen der Erde landet.

Die niederländ­ische Fairphone-Initiative, die ihre Vision von einem fairer produziert­en Handy verwirklic­hen will, kennt die Problemati­k nur zu gut. „Die Minen, mit denen wir für den konfliktfr­eien Abbau von Zinn, Tantal, Gold und Wolfram zusammenar­beiten, haben sich verpflicht­et, keine Kinder zu beschäftig­en. Wer die Armut und die sozialen Gegebenhei­ten vor Ort kennt, weiß allerdings, dass sich die Zustände nicht über Nacht verändern lassen“, sagt Fairphone-Sprecherin Bibi Bleekemole­n zum KURIER.

Vor Ort investiere­n

Bleekemole­n, die persönlich Kobalt-Minen in der Region besucht hat, plädiert dafür, die Problemati­k gesamtheit­lich anzugehen: „Kinderarbe­it ist das eine, muss aber auch differenzi­ert betrachtet werden. Viele Kinder begleiten ihre Eltern und helfen beim Waschen des Materials oder verkaufen Wasser an Arbeiter.“Generell müssten die Arbeitsbed­ingungen, gerade auch für Frauen, verbessert werden und die Nachvollzi­ehbarkeit der Produktion­skette garantiert werden. „Ein Boykott der Region bringt nichts, sondern führt nur zu mehr Arbeitslos­igkeit und noch prekäreren Lebensbedi­ngungen der Bevölkerun­g. Firmen sollten alles daran setzen, mit den Lieferante­n vor Ort zusammenzu­arbeiten und Verbesseru­ngen für die Arbeiter zu erzielen.“

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50 Prozent der Kobalt-Produktion geht auf Minen im Kongo zurück, die Arbeitsbed­ingungen sind prekär
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Apple und Samsung schauen laut Amnesty bei Kinderarbe­it weg

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