Kritik an Kinderarbeit bei Handyproduktion
Elektronik. 40.000 Minderjährige bauen im Kongo für einen Hungerlohn Rohstoffe für Handy-Akkus ab.
Amnesty International beklagt die Untätigkeit von Konzernen wie Apple und Samsung
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisiert, dass Elektronikkonzerne für die Produktion ihrer Geräte weiterhin Kinderarbeit in Kauf nehmen. Allein in den Minen im Süden der Republik Kongo würden Zehntausende Kinder – einige von ihnen gerade einmal sieben Jahre alt – Rohstoffe wie Kobalt abbauen. Das Mineral ist wesentlicher Bestandteil für die Erzeugung von Handy-, aber auch Elektroauto-Akkus. Die von Amnesty vor Ort interviewten Kinder berichteten von 12bis 24-Stunden-Arbeitstagen, an denen sie schweres Material schleppen. Der Lohn für die harte Arbeit beträgt ein bis zwei Dollar pro Tag.
Untragbare Zustände
„Die vorgefundenen Arbeitsbedingungen waren erbärmlich. Schwere Lungenschäden durch giftigen Staub und Arbeitsunfälle sind auf der Tagesordnung“, sagt Heinz Patzelt, Generalsekretär Amnesty International Österreich, zum KURIER. Die Konzerne müssten in die Pflicht genommen werden und dafür sorgen, dass sauberer und zu faireren Bedingungen produziert wird, ist Patzelt überzeugt. Dass dies möglich sei, hätten die Errungenschaften bei der Gewinnung des Konfliktminerals Koltan, aber auch im Kampf gegen Blutdiamanten gezeigt. Viele Rohstoff-Minen werden immer noch von bewaffneten Gruppen kontrolliert. Die Geschäfte finanzieren blutige Konflikte.
Offiziell pochen die Elektronikkonzerne darauf, dass Kinderarbeit nicht toleriert werde. Man werde sich die Vorwürfe näher ansehen, reagieren etwa Apple und Sony auf den Amnesty-Bericht. Samsung blieb gar eine Antwort schuldig, ob der Konzern Kobalt aus der Region beziehe. Immer wieder wird in den eingeholten Stellungnahmen darauf verwiesen, dass die Zuliefer- und Produktionskette zu komplex sei, um prekäre Arbeitsbedingungen ausschließen zu können.
In der Tat sind allein 30 unterschiedliche Mineralien und Metalle in modernen Smartphones verbaut. Kinderarbeit ist allerdings nicht nur auf den Abbau der Roh- stoffe in Minen beschränkt. Das Thema ist auch beim Zusammenbau der Geräte in Fabriken allgegenwärtig, ebenso wie beim Umgang mit Elektroschrott, der auf Umwegen wieder in den ärmsten Regionen der Erde landet.
Die niederländische Fairphone-Initiative, die ihre Vision von einem fairer produzierten Handy verwirklichen will, kennt die Problematik nur zu gut. „Die Minen, mit denen wir für den konfliktfreien Abbau von Zinn, Tantal, Gold und Wolfram zusammenarbeiten, haben sich verpflichtet, keine Kinder zu beschäftigen. Wer die Armut und die sozialen Gegebenheiten vor Ort kennt, weiß allerdings, dass sich die Zustände nicht über Nacht verändern lassen“, sagt Fairphone-Sprecherin Bibi Bleekemolen zum KURIER.
Vor Ort investieren
Bleekemolen, die persönlich Kobalt-Minen in der Region besucht hat, plädiert dafür, die Problematik gesamtheitlich anzugehen: „Kinderarbeit ist das eine, muss aber auch differenziert betrachtet werden. Viele Kinder begleiten ihre Eltern und helfen beim Waschen des Materials oder verkaufen Wasser an Arbeiter.“Generell müssten die Arbeitsbedingungen, gerade auch für Frauen, verbessert werden und die Nachvollziehbarkeit der Produktionskette garantiert werden. „Ein Boykott der Region bringt nichts, sondern führt nur zu mehr Arbeitslosigkeit und noch prekäreren Lebensbedingungen der Bevölkerung. Firmen sollten alles daran setzen, mit den Lieferanten vor Ort zusammenzuarbeiten und Verbesserungen für die Arbeiter zu erzielen.“