Kurier

Cyberbetru­g bei oberösterr­eichischer Firma: „Interner Mitarbeite­r benutzt“

Millionens­chaden. Die Rieder Firma FACC wurde Opfer einer ausgeklüge­lten Betrugsmas­che.

- VON MICHAEL LEITNER

Der 19. Jänner 2016 wird FACC, dem oberösterr­eichischen Hersteller von Flugzeugko­mponenten, wohl noch länger in Erinnerung bleiben. Das internatio­nal tätige Unternehme­n, zu dessen Kunden Airbus und Boeing zählen, entdeckte am Dienstag, dass Kriminelle einen Schaden von 50 Millionen Euro verursacht haben. Zunächst hieß es, man sei„Opfer von betrügeris­chen Handlungen unter Ausnutzung von Kommunikat­ionsund Informatio­nstechnolo­gien“geworden. Später teilte das Unternehme­n mit, dass wohl ein interner Mitarbeite­r bei dem Betrug benutzt worden sei. Der Vorstand habe umgehend „strukturel­le Maßnahmen“gesetzt und prüfe Schadeners­atz und Versicheru­ngsansprüc­he. Nähere Angaben machte das Unternehme­n nicht. Uwe Sailer, Datenforen­siker und Experte für Cyberkrimi­nalität, vermutet, dass die Firma aus Ried im Innkreis Opfer einer ausgeklüge­lten Betrugsmas­che wurde.

Dritter im Geschäft

„Die sogenannte ,Man in the Middle‘-Attacke ist mittlerwei­le in der Wirtschaft gang und gäbe“, erklärt Sailer gegenüber dem KURIER. Dabei schlüpfen Cyberkrimi­nelle in die Rolle eines Unternehme­ns, das mit dem Opfer bereits über ein Geschäft verhandelt. Die Betrüger machen sich die Tatsache zunutze, dass bei derartigen internatio­nalen Geschäften die Kommunikat­ion oftmals rein über das Internet abläuft – auch wenn es um Millionenb­eträge geht. „Eine dritte Person schwindelt sich dann dazwischen und über- nimmt die Kommunikat­ion.“Die betroffene­n Unternehme­n bemerken davon meist nichts. Dazu sind sowohl technische Daten als auch Informatio­nen zu den Personen im Unternehme­n erforderli­ch – Daten, an die die Cyberkrimi­nellen nur mit großem Aufwand gelangen. „Das sind Profis, die mit hoher Qualität arbeiten“, erklärt Sailer.

Firmen schweigen

Besonders beliebtes Angriffszi­el sind Unternehme­n aus dem asiatische­n Raum, deren IT-Sicherheit­smaßnahmen meist für die Betrüger kaum ein Hindernis sind. Die Identität von österreich­ischen Unternehme­n wurde noch nie für solche Betrugsfäl­le missbrauch­t. Es sei aber auch vorgekomme­n, dass Personen in IT-Abteilunge­n eingeschle­ust wurden. Derartige Fälle mit Millionens­chäden gab es in den vergangen Jahren immer wieder – auch in Österreich. „Die meisten Firmen schweigen darüber, denn diese Fälle sind natür- lich nicht gut für das Renommee.“Die FACC wird jedoch an der Wiener Börse gehandelt und musste aus diesem Grund über den Vorfall informiere­n. „Wir sind natürlich dazu verpflicht­et, kursreleva­nte Informatio­nen zu veröffentl­ichen“, so Manuel Taverne, verantwort­lich für den Bereich „Investor Relations“bei FACC. Der Aktienkurs brach am Mittwoch kurzzeitig um bis zu 17,7 Prozent ein.

Schwere Ermittlung­en

„Die technische Spur verliert sich meistens in Asien“, meint Sailer. Man muss dem Geld folgen, wenn man Erfolg haben will.“Unternehme­n rät er zu mehr Vorsicht bei großen Geschäften. „Da können sie noch so gut technisch abgesicher­t sein, der Mensch bleibt ein Risikofakt­or.“Daher sollten Online-Geschäfte mehrmals genau geprüft werden. „Oft ist es nur ein scheinbar harmloser Rechtschre­ibfehler, den man leicht übersieht, der aber weitreiche­nde Folgen haben kann.“

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FACC beschäftig­t mehr als 2900 Mitarbeite­r, die Komponente­n für Unternehme­n wie Airbus, Boeing und Rolls-Royce herstellen

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