Kurier

Probier’s mal mit Gemütlichk­eit

Jogginghos­entag. Dank der ungewöhnli­chen Idee von vier Grazer Schülern bleibt der Anzug heute im Kasten

- VON JULIA PFLIGL (siehe unten).

Sie ist so etwas wie die Olive der Mode: höchst umstritten. Manche halten es keinen Abend ohne sie aus, anderen behaupten gar, sie gefährde Ehen – zwischen Liebe und Hass ist nicht viel Platz. Nicht einmal Karl Lagerfeld, sonst für seine einzementi­erten Meinungen bekannt, kann sich entscheide­n: 2012 unterstell­te er Jogginghos­enTrägern in einer Talkshow, sie hätten die Kontrolle über ihr Leben verloren; zwei Jahre später schickte er seine Models – darunter Ober-Muse Cara Delevingne – in verdächtig legeren Beinkleide­rn mit Bündchen und Sneakers über den Pariser Catwalk Da soll sich noch einer auskennen.

Matthias Geisriegle­r dürfte es ziemlich egal sein, was Monsieur Lagerfeld so von sich gibt. Der 22-jährige Grazer liebt seine Trainingsh­osen und macht auch kein Geheimnis daraus – im Gegenteil. Gemeinsam mit drei Schulkolle­gen rief er vor sieben Jahren den „Internatio­nalen Jogginghos­entag“ins Leben, der heute weit über die Landesgren­zen hinaus bekannt ist. Dabei sollte es am Anfang nur ein harmloser Faschingsg­ag werden.

Virales Event

„Wir dachten, es wäre cool, wenn die ganze Klasse am Faschingsd­ienstag mit Jogginghos­e in die Schule kommen würde. Das war dann so bequem, dass wir beschlosse­n, die Aktion im Jahr darauf zu wiederhole­n.“

Weil der Faschingsd­ienstag im Jahr 2010 in die Semesterfe­rien fiel, verlegten die vier ihren Tag auf den 21. Jänner, der gleichzeit­ig der Geburtstag einer der Burschen ist. Der „Internatio­nale Jogginghos­entag“– damals noch eher national bzw. regional – war geboren. Zur Freude der Klasse: „Unter diesem Vorwand kamen wir jedes Jahr am 21. Jänner in Jogginghos­en zur Schule.“

Die Idee breitete sich rasch aus. Geisriegle­r, der mittlerwei­le Informatio­nsmanageme­nt studiert, erstellte eine Facebook- Veranstalt­ung und lud alle seine Freunde ein, die wiederum alle ihre Freunde einluden. „Im Endeffekt hatten wir mehr als 130.000 Zusagen. 2011 waren es sogar 600.000 Zusagen aus mehr als 50 Ländern.“

Seitdem seien die Facebook- Zusagen – jedes Jahr wird eine neue Veranstalt­ung am 21. Jänner erstellt, die zum öffentlich­en Jogginghos­entragen in Schule, Büro und Uni aufruft – zwar zurückgega­ngen; das liegt laut Geisriegle­r aber vor allem daran, „dass Facebook nicht mehr so angesagt ist und es unzählige Kopien unserer Veranstalt­ung gibt“.

Wikipedia-Eintrag

Das Medieninte­resse sei aber nach wie vor „sehr groß“, erzählt der Student. Viele Lokale und Kaufhäuser sind mit Aktionen und Gewinnspie­len auf die temporäre Kleiderord­nung aufgesprun­gen, in Deutschlan­d findet jährlich ein „Jogginghos­enlauf “statt. Denn, was viele vergessen: In Jogginghos­en kann man auch joggen.

Sieben Jahre nach ihrer Entstehung hat es die Idee in diverse Kalender und die Wikipedia-Liste der Gedenkund Aktionstag­e geschafft. „Vor allem aber in die Köpfe der Leute“, sagt Matthias Geisriegle­r, der den Trend zur modischen Jogginghos­e und zum „Casual Style“(siehe un

ten) ebenfalls auf „seinen“Aktionstag zurückführ­t. „Wir behaupten mal, wir seien schuld daran“, sagt er mit einem Augenzwink­ern. „Jedenfalls ist es kein Wunder: Jogginghos­en sind bequem, zeitlos und passen zu allem.“

Ihren heutigen Feiertag werden die vier Studenten zwar getrennt voneinande­r verbringen (Stichwort: Prüfungsze­it) – aber mit Sicherheit in ihren geliebten Jogginghos­en.

 ??  ?? Vorverlegt­er Jogginghos­entag in der KURIER-Redaktion: An einem Tag im Jahr dürfen enge Jeans und hohe Schuhe gegen bequeme Trainingsh­osen und warme Kuschelsoc­ken getauscht werden
Vorverlegt­er Jogginghos­entag in der KURIER-Redaktion: An einem Tag im Jahr dürfen enge Jeans und hohe Schuhe gegen bequeme Trainingsh­osen und warme Kuschelsoc­ken getauscht werden
 ??  ?? Widmeten ihrer Lieblingsh­ose einen Tag: die Grazer Alex Painsi, Martin Riesel, Matthias Geisriegle­r und Matthias Strohmeier (v. li.)
Widmeten ihrer Lieblingsh­ose einen Tag: die Grazer Alex Painsi, Martin Riesel, Matthias Geisriegle­r und Matthias Strohmeier (v. li.)

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