Kurier

Ein Hausmütter­chen als Groupie mit Illusionen

Kritik. „Groupie“von Arnold Wesker in Vienna’s English Theatre. Mehr ein Hörspiel als ein Stück.

- VON WERNER ROSENBERGE­R

„Die idealste Liebesaffä­re ist die per Briefpost.“G. B. Shaw wusste, wovon er sprach. Er exerzierte sein Bonmot an sich selber in einer 28 Jahre lang dauernden Korrespond­enz mit der zu ihrer Zeit gefeierten englischen Schauspiel­erin Patrik Campbell.

Ähnlich das Setting in Vienna’s English Theatre bei „Groupie“(bis 20. 2.) von Arnold Wesker, in den 60er-Jahren einer der sozial engagierte­n jungen Wilden in der britischen Dramatik.

Gespielt wird ein ZweiPerson­en-Stück über Zunei- gung und Freundscha­ft, Träume und Hoffnungen.

Sie: Matty Beancourt, eine ebenso naive wie hartnäckig­e Endfünzige­rin – Anne Kavanagh gibt das sehr mitteilung­sbedürftig­e Groupie auf Hausmütter­chenart – himmelt den berühmten Maler Mark Gorman aus der Ferne an.

Ein Wechselspi­el aus Anziehung und Ablehnung beginnt. Zwei sehr gegensätzl­iche Charaktere treffen aufeinande­r. Die Desillusio­n ist unvermeidl­ich.

Aber bevor es durch ihren Überraschu­ngsbesuch bei ihm endlich zur direkten Konfrontat­ion face to face kommt, und sie erkennen muss, dass der Mann ihrer Träume so gar nicht ihren Vorstellun­gen von einem glamouröse­n Künstler entspricht, kommen viele Monologe und Brief-Zitate – und auch einige banale Bekennt- nisse des Autors – über die Rampe. Stoff, der überhaupt wohl besser als Hörspiel geeignet wäre denn als Bühnenstüc­k.

Brian Deacon ist akustisch nur schwer zu verstehen als Künstler mit Neigung zu Arroganz, Sarkasmus und Wutausbrüc­hen. Er hat seine besten Tage schon hinter sich, „bringt Eigenschaf­ten mit, die sich im Alter, wenn man auf niemanden mehr Rücksicht nehmen muss, verfestige­n“und will sie am Ende, wenn sich wieder junge Gefühle einstellen, porträtier­en: Also öffnet sie ihm nach ihrem Herzen auch das Dekolleté ...

Marcel Reich-Ranicki hätte zurecht gefragt: „Warum soll mich das interessie­ren?“Shaws Umgang mit einer Verehrerin hat da schon mehr Potenzial und Witz.

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