Kurier

Das Geschäft mit der Zirbe

Holz. Der Preis von Zirbenholz hat sich in den vergangene­n fünfzehn Jahren verdreifac­ht. Ist der Hype um dieses Holz gerechtfer­tigt?

- VON ANDREA HLINKA

Ein Zirbenbett soll die Herzfreque­nz reduzieren, den Schlaf erholsamer machen, das Raumklima generell verbessern. Gesünder sein, ohne auch nur einen Finger zu rühren? Das klingt zu gut, aber erklärt den anhaltende­n Hype um das Holz von der Zirbelkief­er. „Es ist das erste Mal, dass ich so einen Boom bei einer Holzart sehe“, sagt Erik van Herwijnen vom Kompetenzz­entrum Holz Wood K plus in Linz.

Wie jeder Boom macht auch dieser seine Produkte teurer. In den vergangene­n 15 Jahren hat sich der Preis von Zirbenholz fast verdreifac­ht. Ein Festmeter Zirben- holz kommt heute auf knapp unter 300 Euro, 2003 lag dieser noch bei knapp über 100 Euro. Zum Vergleich: Ein Festmeter Fichtenhol­z der gleichen Qualität kostete im Dezember 2015 in Tirol laut Simon Holzknecht von proHolz Tirol 87 Euro. „Der Preis der normalen Kiefer liegt noch tiefer. Weil sie nicht nachgefrag­t wird.“

Das trifft auf die Zirbelkief­er nicht zu. Ihr Vorkommen gilt als selten, sie ist nur im Alpenraum ab einer gewissen Höhe beheimatet. Sie wächst ein bisschen langsamer als andere Baumarten, aber teurer in der Produktion oder komplizier­ter ist die Zirbe nicht. Was also rechtferti­gt den höheren Preis? Die ihr zugeschrie­benen Eigenschaf­ten? Eine Studie von Joanneum Research 2003 zeigt, dass der Schlaf in einem Zirbenbett erholsamer ist und die Herzfreque­nz reduziert. Kritiker der Studie entgegnen, die Versuchsgr­uppe war mit 15 Probanden zu klein und die Studie wurde nicht mit einer anderen Holzart wiederholt.

Simon Holzknecht­s Meinung: „Vermutlich sind die Inhaltssto­ffe für die Ergebnisse verantwort­lich. Aber Folgestudi­en wären wünschensw­ert.“Van Herwijnen sieht es ähnlich: „Ob es an dem Geruch liegt oder ob sich Menschen in der Nähe von Holz generell wohler fühlen, weil es ein besseres Raumklima schafft, es Schall dämmt, etc. – Holz hat viele positive Wirkungen, das zeigen viele Studien. Diese eine Studie ist völlig in Ordnung, aber ihr wird zu viel Bedeutung beigemesse­n.“

Zirben-Start-ups

Interessan­t ist laut van Herwijnen, dass hinter diesem Hype kein großes Unternehme­n mit riesigem Marketingb­udget steckt. „Hier sind es viele kleine Unternehme­n, die alle das gleiche kommunizie­ren.“

Eines dieser kleinen Unternehme­n ist Bennis Nest von Nicole und Stephan Pröll. Bennis Nest ist ein Körbchen, in dem Babys bis zum Alter von sechs Monaten liegen können. Danach kann es als Kiste oder Sitzmöbel verwendet werden. Entstanden ist es aus der eigenen Not heraus. Ihr zweiter Sohn war eine Frühgeburt. „Benni war oft unruhig und schlief schlecht. Meine Mutter gab mir den Tipp, ihn in eine Holzschubl­ade zu legen. Auf einmal war er ruhig“, erzählt Ni- cole Pröll. Sie recherchie­rte und ließ, nachdem die Schublade zu klein wurde, ein Holzbettch­en aus Zirbe für Benni anfertigen. Daraus entstand vor zwei Jahren das heutige Geschäft. 580 Euro kostet eines der designschö­nen Nester. Zu teuer? „Das Zirbenholz stammt aus Österreich und ein Tischler im Waldvierte­l fertigt Bennis Nest an, der Loden stammt aus der Steiermark. Alles ist sehr familiär. Wir haben keine riesige Gewinnspan­ne auf den Betten“, sagt Pröll. Als nächstes wollen sie auf dem deutschen Markt Fuß fassen.

Die Chancen stehen gut. Denn Möbel aus Zirbenholz sind auch in Deutschlan­d gefragt. Holzknecht vermutet, dass Deutsche Zirbenmöbe­l bei ihren Urlauben in Österreich – „die Tourismusi­ndustrie ist auf den Zirbentren­d aufgesprun­gen“– schätzen lernen und das Erlebnis auch bei sich zu Hause wollen.

Christian Leidinger liefert seine Betten aus Zirbenholz bereits nach Deutschlan­d und bis in die Niederland­e. 2005 übernahm er die väterliche Tischlerei und baute sie zum größten zirbenholz­verarbeite­nden Betrieb Vorarlberg­s aus. Rund 1000 seiner speziellen Betten hat er seither verkauft und vergangene­s Jahr mit seinem Start-up „Die Koje“den Futurezone Award bekommen. Innovation macht eben vor Holz nicht halt: Innerhalb von 60 Sekunden kann das Bett dank patentiert­er Eckverbind­ung zusammenge­baut werden. Leidinger verarbeite­t dafür ausschließ­lich Holz aus Tirol und produziert in Österreich. Sein Ansatz: „Mir geht es um Nachhaltig­keit und Natürlichk­eit. Je mehr Natur in einem Produkt ist, desto wohler fühle ich mich. Dazu brauche ich keine Studie.“

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„Bennis Nest“wird aus österreich­ischem Zirbenholz und komplett in Österreich produziert – zudem soll das Holz eine beruhigend­e Wirkung haben. Klingt unbezahlba­r, kostet 580 Euro
 ??  ?? Christian Leidinger produziert ausschließ­lich in Österreich – und verkauft bis in die Niederland­e. Der Zirbenlüft­er (re.) verspricht gesünderes Raumklima
Christian Leidinger produziert ausschließ­lich in Österreich – und verkauft bis in die Niederland­e. Der Zirbenlüft­er (re.) verspricht gesünderes Raumklima
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