Kurier

Geschichte­n mit Geschichte Der Mann, der den „Watschenma­nn“erfand

Jörg Mauthe. Der Allrounder starb vor 30 Jahren

- VON GEORG MARKUS

Er war ein Allroundkö­nner. Jörg Mauthe machte sich als Radio-, Fernseh- und Zeitungsau­tor, als Satiriker, Romanschri­ftsteller und Politiker einen Namen. Der legendäre Schöpfer des „Watschenma­nns“und anderer populärer Wiener Figuren starb vor 30 Jahren.

Mauthe wurde 1924 in Wien geboren. Der Umstand, dass er als Kind durch einen Unfall beim Spielen zwei Finger verlor, hat möglicherw­eise sein Leben gerettet, da er infolge dieser Verletzung im Zweiten Weltkrieg wehruntaug­lich war. Er wurde statt dessen in den Arbeitsdie­nst eingezogen und zur Reparatur bombengesc­hädigter Dächer eingesetzt.

Radiofamil­ie Floriani

Nach absolviert­em Kunstgesch­ichte-Studium nach dem Krieg als Lektor und Kulturkrit­iker tätig, begann er für den amerikanis­chen Sender Rot-Weiß-Rot zu arbeiten, für den er mit Ingeborg Bachmann und Peter Weiser Hunderte Folgen der populären Radiofamil­ie Floriani schrieb. Die Hauptfigur­en wurden von Vilma Degischer und Hans Thimig dargestell­t.

1951 erfand Jörg Mauthe mit Wolf Neuber und Peter Weiser den „Watschenma­nn“, der zu den populärste­n Radiosendu­ngen dieser Zeit zählte. Als die Amerikaner den Sender 1955 schlossen, wurde der „Watschenma­nn“vom österreich­ischen Rundfunk übernommen, aber bald auf Druck von Bundeskanz­ler Julius Raab eingestell­t. Die Sendungen wären, ließ man das Team wissen, „zu kritisch“.

Jörg Mauthe war jetzt Buchautor, Austria-Wochen

schau- Reporter, er gründete eine Filmfirma und schrieb Drehbücher für die legendäre Fernsehser­ie „Der Fensterguc­ker“, in der Städte und Landschaft­en feuilleton­istisch porträtier­t wurden.

Als Gerd Bacher 1967 Chef des reformiert­en ORF wurde, ließ er den „Watschenma­nn“auf Ö1 wieder beleben. Jörg Mauthe, der sich „Trotz allem Optimist“nannte, durfte wieder „kritisch“sein.

„Bei uns in Bagdad“

Allerdings nicht allzu lange, da die Freiheiten mit Bachers Abwahl 1974 wieder zu Ende gingen. Nun fand der „Watschenma­nn“im KURIER eine neue Heimat. Zwei Mal in der Woche erschien die Kolumne ohne jede Vorgabe mit den Haupttheme­n Ortsbildpf­lege und Umweltschu­tz. Wie einst im Radio beruhte der Witz der Inhalte oft darin, dass absurde Geschichte­n erzählt wurden, die „bei uns in Bagdad“handelten, wobei aber jeder wusste, dass Wien gemeint war. So mancher Text von Mauthe wurde zum geflügelte­n Wort.

Erhard Busek holte ihn 1978 als „nicht amtsführen­den Stadtrat“in die Wiener Politik, in der er Missstände aufzeigte, sich für den Erhalt von Gründerzei­tbauten und für die Begrünung der Innenhöfe stark machte. Bürgermeis­ter Zilk übernahm viele Ideen des politische­n Gegners und setzte sie um.

Im Jahr 1985 schrieb Jörg Mauthe seinen letzten Roman „Demnächst“, der posthum erschien. Er starb am 29. Jänner 1986 an Lungenkreb­s.

georg.markus@kurier.at

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„Trotz allem Optimist“: Jörg Mauthe (1924–1986)
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