SPÖ: Mehrere Landesparteien und auch Hundstorfer lehnen Limit für Asylrecht ab
Gipfelkritik. Eine Palast-Revolte! Wer sich am Donnerstag besah, was namhafte Vertreter der Wiener SPÖ zum Asylgipfel zu sagen hatten, der konnte leicht den Eindruck gewinnen: Hier wird am Sessel des Bürgermeisters gesägt.
Wie sonst war zu erklären, dass Stunden, nachdem Häupl mit der Regierungsspitze die Ergebnisse des Asylgipfels präsentiert hatte, zwei seiner Stadträtinnen ausrückten, um gegen die „Obergrenzen“zu wettern? „Ich kann auch keine Obergrenzen für Grippewellen fordern und Menschen dann nicht mehr behandeln“, legte gestern Landesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler im KURIER-Gespräch nach.
Die Obergrenze als NoGo? Wie passt das mit Häupls Auftritt mit der Regierungsspitze zusammen?
Dazu muss man wissen, dass wesentliche Teile der Stadt-SPÖ vor allem Punkt 4 der verabschiedeten Vereinbarung im Blick haben: Darin wird nicht von „Obergrenzen“, sondern von einem „Richtwert“gesprochen.
Aus der roten Wiener Sicht ist die Lage folgende: „Wir haben die verdammte Pflicht, in der Flüchtlingsfrage Haltung zu bewahren. Auch, weil wir im Herbst da- für gewählt wurden“, sagt die stellvertretende Klubchefin Tanja Wehsely.
Außerdem sei neben der europäischen die inner-österreichische Solidarität zu hinterfragen. Wehsely: „Wenn Wien 120 Prozent seiner Verpflichtung erfüllt und gleichzeitig die Mehrheit der heimischen Gemeinden keinen Asylwerber unterbringt, frage ich mich: ,Warum macht die Innenministerin nicht vom Durchgriffsrecht Gebrauch?‘ “
Länder sind skeptisch
Mit der Ablehnung der Obergrenze ist die Wiener SPÖSpitze nicht allein. Am Donnerstag äußerten sich mehrere SPÖ-Länder skeptisch: Salzburgs Landesparteichef Walter Steidl nannte die Obergrenze „Unfug“, Michael Ritsch (Vorarlberg) sprach von einer „Augenauswischerei“und auch die Roten in Oberösterreich und Kärnten sahen keinen Sinn darin, die Flüchtlingszahlen formal zu limitieren. Lediglich Wiens Wohnbaustadtrat Michael Ludwig sowie die Genossen in Tirol, dem Burgenland und Niederösterreich gaben sich positiv, was die Obergrenze angeht.
Gibt es demnach einen partei-internen Richtungsstreit um den Asylgipfel und sein Ergebnis? Nicht notwendigerweise. Denn im Umfeld des Wiener Parteichefs wertet man das Gipfel-Papier tatsächlich als Erfolg – trotz aller Debatten um „Obergrenzen“und „Richtwerte“(Seite 2).
„SPÖ und ÖVP haben vereinbart, dass weniger Flüchtlinge ins Land kommen. Das ist eine erwartbare, aber es ist immerhin eine Einigung“, sagt ein Vertrauter des Wiener Parteichefs.
Noch wichtiger sei aber, dass der ÖVP abgerungen wurde, die Frage der Obergrenze von Experten bewerten zu lassen. Warum? Weil dies de facto das Ende der Debatte bedeute, sagte sinngemäß Wiens Stadträtin Renate Brauner. Sie erklärt das so: „Die Menschenrechtskonvention kann nicht durch Obergrenzen ausgehebelt werden.“
In der SPÖ ist man mehrheitlich der Ansicht: Bei einer ernsthaften Betrachtung hält eine Obergrenze keiner juristischen Bewertung stand. Und das ist auch das Wording, mit dem der von der SPÖ-nominierte Rudolf Hundstorfer in die Wahl geht. Dem KURIER lässt er zum Thema knapp ausrichten: Es gibt keine Obergrenze beim Recht auf Asyl.