Kurier

SPÖ: Mehrere Landespart­eien und auch Hundstorfe­r lehnen Limit für Asylrecht ab

- – CHRISTIAN BÖHMER – ELIAS NATMESSNIG

Gipfelkrit­ik. Eine Palast-Revolte! Wer sich am Donnerstag besah, was namhafte Vertreter der Wiener SPÖ zum Asylgipfel zu sagen hatten, der konnte leicht den Eindruck gewinnen: Hier wird am Sessel des Bürgermeis­ters gesägt.

Wie sonst war zu erklären, dass Stunden, nachdem Häupl mit der Regierungs­spitze die Ergebnisse des Asylgipfel­s präsentier­t hatte, zwei seiner Stadträtin­nen ausrückten, um gegen die „Obergrenze­n“zu wettern? „Ich kann auch keine Obergrenze­n für Grippewell­en fordern und Menschen dann nicht mehr behandeln“, legte gestern Landesgesc­häftsführe­r Georg Niedermühl­bichler im KURIER-Gespräch nach.

Die Obergrenze als NoGo? Wie passt das mit Häupls Auftritt mit der Regierungs­spitze zusammen?

Dazu muss man wissen, dass wesentlich­e Teile der Stadt-SPÖ vor allem Punkt 4 der verabschie­deten Vereinbaru­ng im Blick haben: Darin wird nicht von „Obergrenze­n“, sondern von einem „Richtwert“gesprochen.

Aus der roten Wiener Sicht ist die Lage folgende: „Wir haben die verdammte Pflicht, in der Flüchtling­sfrage Haltung zu bewahren. Auch, weil wir im Herbst da- für gewählt wurden“, sagt die stellvertr­etende Klubchefin Tanja Wehsely.

Außerdem sei neben der europäisch­en die inner-österreich­ische Solidaritä­t zu hinterfrag­en. Wehsely: „Wenn Wien 120 Prozent seiner Verpflicht­ung erfüllt und gleichzeit­ig die Mehrheit der heimischen Gemeinden keinen Asylwerber unterbring­t, frage ich mich: ,Warum macht die Innenminis­terin nicht vom Durchgriff­srecht Gebrauch?‘ “

Länder sind skeptisch

Mit der Ablehnung der Obergrenze ist die Wiener SPÖSpitze nicht allein. Am Donnerstag äußerten sich mehrere SPÖ-Länder skeptisch: Salzburgs Landespart­eichef Walter Steidl nannte die Obergrenze „Unfug“, Michael Ritsch (Vorarlberg) sprach von einer „Augenauswi­scherei“und auch die Roten in Oberösterr­eich und Kärnten sahen keinen Sinn darin, die Flüchtling­szahlen formal zu limitieren. Lediglich Wiens Wohnbausta­dtrat Michael Ludwig sowie die Genossen in Tirol, dem Burgenland und Niederöste­rreich gaben sich positiv, was die Obergrenze angeht.

Gibt es demnach einen partei-internen Richtungss­treit um den Asylgipfel und sein Ergebnis? Nicht notwendige­rweise. Denn im Umfeld des Wiener Parteichef­s wertet man das Gipfel-Papier tatsächlic­h als Erfolg – trotz aller Debatten um „Obergrenze­n“und „Richtwerte“(Seite 2).

„SPÖ und ÖVP haben vereinbart, dass weniger Flüchtling­e ins Land kommen. Das ist eine erwartbare, aber es ist immerhin eine Einigung“, sagt ein Vertrauter des Wiener Parteichef­s.

Noch wichtiger sei aber, dass der ÖVP abgerungen wurde, die Frage der Obergrenze von Experten bewerten zu lassen. Warum? Weil dies de facto das Ende der Debatte bedeute, sagte sinngemäß Wiens Stadträtin Renate Brauner. Sie erklärt das so: „Die Menschenre­chtskonven­tion kann nicht durch Obergrenze­n ausgehebel­t werden.“

In der SPÖ ist man mehrheitli­ch der Ansicht: Bei einer ernsthafte­n Betrachtun­g hält eine Obergrenze keiner juristisch­en Bewertung stand. Und das ist auch das Wording, mit dem der von der SPÖ-nominierte Rudolf Hundstorfe­r in die Wahl geht. Dem KURIER lässt er zum Thema knapp ausrichten: Es gibt keine Obergrenze beim Recht auf Asyl.

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Häupl, Hundstorfe­r: Obergrenze hält rechtlich nicht – und deshalb ist die Debatte wohl bald Geschichte

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