Der Medikamenten-Tester Pharmastudien.
Auch in Österreich werden völlig neue Wirkstoffe an Menschen geprüft, unter strengen Auflagen
„30 Studien waren es in den vergangenen 16 Jahren mindestens, so genau weiß ich es nicht mehr.“Matthias Trinkl, 36, ist Donnerstagfrüh zur Kontrolle auf der Klinik für Klinische Pharmakologie der MedUni Wien/AKH Wien. Er kommt oft ins Spital, obwohl er völlig gesund ist – als Proband nicht als Patient. Im Dezember nahm er an einer „First-inMan“-Studie teil – der erstmaligen Testung eines neuen Wirkstoffes am Menschen – so, wie das auch in Frankreich gemacht wurde
Er erhielt eine Infusion mit einem Antikörper, der bei einer lebensbedrohlichen Infektion mit dem Bakterium Staphylococcus aureus die Giftstoffe des Bakteriums bekämpfen soll.
„Ich wurde für eine Nacht stationär aufgenommen, beinahe stündlich wurden Blutproben entnommen. Die Kontrollen sind sehr engmaschig, ich fühle mich hier gut überwacht.“
Als Student sei natürlich die finanzielle Aufwandsentschädigung ein wesentlicher Grund gewesen, mitzumachen, sagt Trinkl. „Mittlerweile sind für mich die vie- len ärztlichen Kontrollen eine starke Motivation: Dabei wurde schon das eine oder andere entdeckt, das überhaupt nichts mit den Studien zu tun hatte. Keiner meiner Freunde kennt zum Beispiel seine Blutwerte so gut wie ich. Ich habe viel über meinen Körper gelernt – und auch über die Bedeutung der medizinischen Forschung.“
Kaum Nebenwirkungen
Nebenwirkungen hatte er bis auf einen Fall nie verspürt – auch in den Laborwerten gab es nie Auffälligkeiten: „Einmal hatte ich eine Stunde lang grippeähnliche Symptome wie Schüttelfrost. Aber das wusste man vorab.“
Alleine an dieser Klinik der MedUni Wien haben in den vergangenen zehn Jahren rund 3000 Freiwillige bei Studien mitgemacht. „Im Vorjahr haben wir bei der Ethikkommission 30 Studien neu eingereicht. Jährlich sind zirka zehn Studien in der ersten Phase dabei, wobei bis zu fünf Studien solche mit neuen Wirkstoffen sind, die erstmals am Menschen getestet werden“, sagt der klinische Pharmakologe Priv. Doz. Markus Zeitlinger. Gesunde Teilnehmer werden nur in dieser ersten Studienphase, in der es ausschließ- lich um die Sicherheit eines Wirkstoffes geht, eingesetzt. Und nur sie erhalten eine Aufwandsentschädigung. Patienten, die ja auch einen gesundheitlichen Nutzen von einem neuen Wirkstoff haben könnten, werden nicht entschädigt. Bei Krebsmedikamenten, die viele Nebenwirkungen haben können, werden auch in Phase I nur Patienten eingeschlossen.
Zeitlinger: „Der Katalog der Entschädigungshöhen wird von unserer Ethikkommission festgelegt. Die Summen sind so bemessen, dass sie einerseits zum Beispiel für Studenten ein gewisser Anreiz sind – aber sie sind nicht hoch genug, dass sich jemand in einer sozialen Notlage damit retten kann.“
Pro Stunde im AKH bekommen Probanden eine Vergütung in der Höhe von acht Euro, müssen sie im Bett liegen, kommen drei Euro dazu. Für eine Vor- oder Nachuntersuchung bekommen sie je 20 Euro, für eine Blutabnahme sechs Euro und ein EKG vier Euro. – Zeitlinger: „Wir kämpfen darum, in Österreich möglichst viele Studien – auch Phase I – durchführen zu können. Bei uns ist die Sicherheit der Patienten deutlich größer als in vielen Staaten der Welt.“