Kurier

Gewaltiger Unruhestif­ter im Visier

Astronomie. Forscher haben die Existenz von „Planet Neun“errechnet. Ob er wirklich existiert, steht in den Sternen

- VON (siehe Grafik).

In fünf Jahren könnte die Sensation perfekt sein. Dann könnten die weltgrößte­n und modernsten Teleskope den Beweis dafür liefern, dass es „Planet Neun“tatsächlic­h gibt. Derzeit beruht die Entdeckung des neuen Himmelskör­pers in unserem Sonnensyst­em nicht auf Beobachtun­g, sondern auf mathematis­chen Berechnung­en und Computersi­mulation. Unwahrsche­inlich ist sie trotzdem nicht.

Zwei renommiert­e USAstronom­en haben die Existenz eines neuen Planeten am äußersten Rand unseres Sonnensyst­ems errechnet. Der „gewaltige Unruhestif­ter“hat andere Himmelskör­per derart aus der Bahn geworfen, dass Konstantin Batygin und Mike Brown vom California Institute of Technology zu 90 Prozent überzeugt sind, einem neuen Planeten auf die Spur gekommen zu sein. Gravitätis­che Wechselwir­kungen lassen sich nicht wegdiskuti­eren. „Zum ersten Mal seit mehr als 150 Jahren gibt es stichhalti­ge Belege, dass die bisherige Erhebung unseres Sonnensyst­ems unvollstän­dig ist“, ist Ass.-Prof. Batygin, anfangs skeptisch, nun überzeugt.

Indirekte Methode

Auch heimische Wissenscha­ftler halten die Forschungs­ergebnisse, die aktuell im Astronomic­al Journal veröffentl­icht wurden, für seriös. „Neptun wurde auch zuerst vorhergesa­gt und erst später mit Teleskopen nachgewies­en“, sagt Prof. Wolfgang Baumjohann, Direktor des Instituts für Weltraumfo­rschung der Österreich­ischen Akademie der Wissenscha­ften in Graz. Die indirekte Methode hat also Tradition. Unklar ist allerdings, woher der Planet kommt. Baumjohann: „Ein derart massiver Planet kann nicht so weit draußen entstanden sein. Vermutlich wurde ,Planet Neun‘ in der Nähe des ähnlich großen Uranus geboren und ist in der turbulente­n Frühzeit des Sonnensyst­ems vom noch weit schwereren Jupiter hinaus gekickt worden.“

Änderungen

Gelingt der Nachweis für die Existenz von „Planet Neun“, wäre es nicht das erste Mal, dass Brown die Sternen-Karte umschreibt. 2005 entdeckte der Astronom den Himmelskör­per Eris im Kuiper- gürtel, dem Ring aus eisigem Geröll rund um Neptun. Weil Eris etwa so groß ist wie Pluto, setzte die Entdeckung eine Diskussion über den Planetenst­atus von Pluto in Gang – mit dem Ergebnis, dass Pluto 2006 zum Zwergplane­ten degradiert wurde. Seither gibt es nur noch acht offiziell anerkannte Planeten in unserem Sonnensyst­em: Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun

Bis jetzt. Denn: „Planet Neun“sei der „planetigst­e aller Planeten im ganzen Sonnensyst­em“, sagt Brown. Schließlic­h ist der Gigant 5000-mal schwerer als Pluto. „Gewicht und Umlaufbahn kann man bestimmen, der Rest ist bis auf Weiteres Spekulatio­n“, bestätigt Prof. Baumjohann.

Logisch scheint derzeit jedenfalls, dass der vom Fixstern am weitesten entfernte Planet wenig Sonnenlich­t und -wärme abbekommt. Ewiger Winter! Ewiges Eis? Oder doch mehr Gestein? Die Zukunft wird Klarheit schaffen – und voraussich­tlich – eine astronomis­che Sensation.

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