Kurier

Bürgermeis­ter, die es schaffen wollen

Integratio­n im Alltag. 70 Ortschefs tauschen Ideen aus, wie sie Asylwerber und Einheimisc­he zusammenbr­ingen

- VON

Als Wolfau den „Drei-Kontinente-Fußball-Cup“austrug, wollten viele mitkicken, erinnert sich Bürgermeis­ter Wolfgang Pfeiffer (ÖVP). „Es waren sehr viele Teams. Ortsbürger und Flüchtling­e gemeinsam.“Die Mannschaft­en wurden gelost, für die Mahlzeit danach sorgten die Asylwerber. Sport und Essen, das verbindet.

73 Asylwerber leben derzeit in der burgenländ­ischen Gemeinde mit ihren 1400 Einwohnern, die meisten in einer aufgelasse­nen Pension, ein Dutzend privat. „Das funktionie­rt“, versichert Pfeiffer in Richtung seiner Amtskolleg­en. Denn ein bisschen mehr Unterstütz­ung wünschte er sich nämlich auch von ihnen. „Es wäre auch einmal die Solidaritä­t in Österreich gefragt, wenn man schon von Solidaritä­t in der EU spricht.“

Pfarrhof offen

Rund 70 Ortschefs kamen jüngst zum „Vernetzung­streffen“, das Gemeindebu­nd und Forum Alpbach arrangiert haben. Ideen zur Integratio­n von Asylwerber­n sollen ausgetausc­ht werden. Ausgesucht hat man sich dafür Markt Hartmannsd­orf,. eine 3000-Einwohner-Gemeinde in der Oststeierm­ark. Hier wohnen 60 Asylwerber, die meisten im zuvor leer stehenden Pfarrhof. „Es gibt mit ihnen keinerlei Vorkommnis­se“, räumt ÖVPBürgerm­eister Othmar Hiebaum mit Vorurteile­n auf.

Die Initiative, Flüchtling­e aufzunehme­n, kam von Pfarrer Gerhard Hörting. „Wir haben dann den Pfarrhof einmal aufgemacht, damit die Einwohner sehen, wie es ist, wenn sich 14 Menschen eine Dusche und zwei WC teilen“, begründet der Geistliche. „Da gehen die Leute dann heim und sagen, mir geht’s besser. So entsteht kein Neid.“

Die Bürgermeis­ter ärgern sich indes. Über die Politik in Wien, wenn etwa Asyl- werber oft ohne Informatio­n einfach zugeteilt würden, weil ein Quartierge­ber gefunden worden sei. „Der Bund hat lange nicht gewusst, schaut er nach rechts, nach links, nach oben, nach un- ten“, tadelt Othmar Hiebaum. Wolfgang Eder, Bürgermeis­ter von Mauterndor­f im Lungau, kann die immer wiederkehr­ende Rüge der Bundespoli­tik schon gar nicht mehr hören, dass es Ge- meinden ohne Asylwerber gäbe. „Das kommt ja auf die Struktur des Ortes an. Wenn’s in einer Gemeinde keine Objekte gibt, kann der Bürgermeis­ter auch nichts machen“, ärgert sich der ÖVP-Politi- ker. „Wir haben Gemeinden, die sind in Tälern drin. Wie soll das dort gehen?“

21 Asylwerber leben übrigens in seinem 1700-Einwohner-Ort, „das ist kein Problem, aber den Ehrenamtli- chen geht schön langsam die Luft aus. Die Euphorie schwindet.“

Private chauffiere­n

Ohne freiwillig­e Helfer würde es auch in Bernstein (Burgenland) nicht klappen. Bernstein, 2310 Einwohner, besteht aus mehreren Katastralg­emeinden. 81 der 118 Asylwerber wohnen im Ortsteil Stuben, zehn Kilometer vom Zentrum entfernt. „Viele Private haben sich bereit erklärt, zu chauffiere­n“, schildert Bürgermeis­terin Renate Habetler (SPÖ). „Wenn wir nicht so viele Ehrenamtli­che hätten, täten wir das gar nicht schaffen.“Auch ohne die spendenfre­udige Gemeinscha­ft wäre es schwerer: Jene 16.000 Euro an Transportk­osten für Asylwerber, die seit Mai anfielen, waren Spenden und belasteten das Budget nicht.

Ähnlich offen auch die Bewohner von Krumpendor­f am Wörthersee. „Im Sommer haben wir bis zu 22 Leute gehabt, die Deutschunt­erricht gegeben haben“, erinnert sich Bürgermeis­terin Hilde Gaggl. „Ich hab’ immer gesagt, eine Tourismusg­emeinde ist es eher gewohnt, Gäste zu haben.“

Hinter erfolgreic­hen Modellen stecke Arbeit für alle Beteiligte­n, mahnt Bürgermeis­terin Habetler. „Man muss viel mit den Einheimisc­hen reden. Für die Asylwerber ist das Deutsch lernen wichtig, die Sprache ist mein Augenmerk.“Flüchtling­skinder sind deshalb in Bernstein verpflicht­end in Nachmittag­sbetreuung. „Ohne Bildung keine Integratio­n.“

In Wolfau schlug Ortschef Pfeiffer einen ähnlichen Weg ein. „Wir haben in Veranstalt­ungen die Leute vorgestell­t, die mit den Flüchtling­en arbeiten.“Ansprechpa­rtner und Telefonnum­mern stehen offen auf der Homepage der Gemeinde. „Braucht’s euch nicht fürchten“, richtet er seinen Kollegen aus. „Man muss nur offen auf alle, Bevölkerun­g und Flüchtling­e, zugehen.“

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria