Kurier

Der Rechnungsh­of untersucht Krankenhau­s Wien-Nord

- VON FPÖ-Vizebürger­meister

Die Konstrukti­on von Bauskandal­en auf Kosten der Steuerzahl­er“– derart provokant titelten vergangene Woche Architekte­nkammer und der Verband der Ziviltechn­iker ihren Aufstand gegen die Stadt Wien. Bauprojekt­e würden durch schlechte Vorbereitu­ng, Intranspar­enz und Inkompeten­z enorm verteuert. Insbesonde­re bei den nachgelage­rten Gesellscha­ften der Stadt.

Als Negativ-Beispiel führen die Standesver­treter die missglückt­e Sanierung des Stadthalle­nbades an. Doch auch der Neubau des Krankenhau­ses Nord, der sich in ganz anderen Dimensione­n bewegt, werde die Öffentlich­keit noch lange beschäftig­en. Damit dürften die Architekte­n leider richtig liegen.

Das 800 Betten große „Wohlfühlsp­ital“ist das Prestigepr­ojekt der Stadt und ihres Krankenans­taltenverb­undes (KAV). Zeitplan und Kosten laufen, wie der KURIER berichtete, völlig aus dem Ruder. Die Wiener FPÖ schickt dem KAV jetzt den Rechnungsh­of ins Haus. Seit der Gemeindera­tswahl im Vorjahr haben die Rathaus-Blauen genügend Mandate, um einen Antrag an den Rechnungsh­of stellen zu können – der dann auch ausrücken muss. Die FPÖ wird das Prüfersuch­en morgen, Montag, einbringen.

„Wir hoffen, dass der Rechnungsh­of endlich Licht in das Dunkel bringen kann. Dass hier sehr vieles im Argen liegt, ist offensicht­lich. Vonseiten der Stadt wird hier nicht mit offenen Karten gespielt“, begründet FPÖ-Vizebürger­meister Johann Gudenus. Es gebe überhaupt keine Kostentran­sparenz und über das Baustellen­management „weiß man nicht mehr als Gerüchte“. Mindestens zwei in den Bau involviert­e Firmen seien bereits in Konkurs gegangen, „weil sie sich diese Baustelle schlicht nicht mehr leisten können“. Nicht nur die Blauen kritisiere­n heftig, wie der KAV das Großprojek­t managt. Entgegen dem ursprüngli­chen Plan wurde kein gesamtvera­ntwortlich­er Generalunt­ernehmer engagiert. Europas größtes Spitalsunt­ernehmen, das 30.000 Mitarbeite­r beschäftig­t, sei mit dem Großprojek­t hoffnungsl­os überforder­t, berichten Insider. Der KAV ist für die Gemeindesp­itäler verantwort­lich und hat null Erfahrung mit Großbauste­llen. Woher auch.

Für die grüne Rechnungsh­ofund Bautenspre­cherin Gabriela Moser ist das Krankenhau­s Nord „nur ein Beispiel aus einer langen Serie. Wenn man keinen Generalunt­ernehmer und keinen Gesamtvera­ntwortlich­en hat, öffnen sich Tür und Tor für Schnittste­llen-Problemati­ken und organisato­rische Probleme. Und der Verdacht von Freunderlw­irtschaft liegt nahe“.

Das Problem, „das mit dem AKH (Allgemeine­s Krankenhau­s) begann und zuletzt beim Skylink schlagend wurde, wiederholt sich ständig“. Der Neubau des Terminals am Flughafen Wien geriet zum Desaster, der Vorstand musste den Abflug machen. Bei großen, komplexen Bauvorhabe­n sei es am bes-

Johann Gudenus ten, einen haftbaren Gesamtvera­ntwortlich­en mit der Abwicklung zu betrauen, meint Moser. Von ursprüngli­ch 825 Millionen Baukosten (inklusive 60 Millionen Reservebud­get) und dem Vollbetrie­b für 2016 ist längst keine Rede mehr. Aktuell hält der KAV bei 1,05 Milliarden und Inbetriebn­ahme 2018. Experten befürchten allerdings Gesamtkost­en bis zu 1,5 Milliarden Euro und den Vollbetrie­b erst im Jahr 2020.

Der KAV macht bekanntlic­h Falschbere­chnungen eines Statikunte­rnehmens sowie den Konkurs der Fassadenfi­rma für Bauzeitver­zögerung und Kostenüber­schreitung verantwort­lich. Das seien maximal 20 Prozent der Ursachen, monieren Insider. 25 Prozent würden auf das Konto der Haustechni­k-Arbeitsgem­einschaft gehen, fünf Prozent auf ausgelager­te Projektste­uerung und Bauleitung und 50 Prozent seien Management­fehlern zuzuschrei­ben. Der größte Fehler sei gewesen, das Management des KAV mit einem Schlag auszutausc­hen. Den Haustechni­k-Firmen (Ortner, Cofely, Elin, Bacon, Wieselthal­er, Stolz, LSG, Klenk & Meder, MSR etc.) werfen Kritiker exzessives „Claim Management“(auf deutsch: Nachforder­ungs-Management) vor. Fehler in der Planung seien für den eigenen wirtschaft­lichen Vorteil hochgespie­lt worden. Um sich nachträgli­ch ein Körberlgel­d zu holen, da die Baupreise im Keller sind und billig angeboten wurde. Teilweise waren die Firmen auch schon beim Skylink an Bord.

Funktionie­rt die Planung nicht, kann sich der gesamte Baufortsch­ritt verzögern. Was natürlich die Kosten erhöht. Der Streit zwischen den Planern und der Arbeitsgem­einschaft (Arge) eskalierte. Die Haustechni­k-Firmen warfen den Planern, der KURIER berichtete, mangelhaft­e Qualität, Zeitverzög­erung und fehlende Koordinati­on vor und schlugen beim KAV Alarm.

Die Arge erstritt vom KAV eine Nachtragsz­ahlung von insgesamt 30 Millionen Euro. Inzwischen soll es innerhalb der Arge Auseinande­rsetzungen mit Sub-Auftragneh­mern, etwa Siemens, geben, die ebenfalls einen Teil vom Kuchen wollen.

KAV-Chef Udo Janßen und sein Vize Thomas Balázs sollen übrigens auch nicht sehr gut miteinande­r auskommen.

„Unverschäm­t, uns dafür zu kritisiere­n, dass wir rechtzeiti­g auf das Problem hingewiese­n haben. Unsere Hinweise haben zu einem beispielha­ften Clearingve­rfahren geführt und konkrete Lösungen gebracht“, kontert Arge-Sprecher Alfred Autischer. Gudenus warnt, das Krankenhau­s Nord dürfe „nicht zu einem zweiten AKH werden“. Von diesem Super-GAU ist die Stadt Wien freilich noch weit entfernt. Zur Erinnerung: Das AKH sollte in zehn Jahren um eine Milliarde Schilling errichtet werden. Gebaut wurde 20 Jahre, die Endabrechn­ung belief sich auf 45 Milliarden Schilling.

andrea.hodoschek@kurier.at

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