Kurier

Ski-Show in der Kritik

Streif 2016. Nach der brutalen Sturzorgie von Kitz stellt sich die Sinnfrage

- VON

Wieder einmal ließ Petrus keine Hahnenkamm-Abfahrt in Originallä­nge zu. Wieder einmal erwies sich die Streif dennoch selbst für ausgeschla­fene Topathlete­n als (zu?) schwere Partie.

Und wieder einmal drängt sich die Frage auf, ob der Abfahrtssp­ort in dieser dramatisch­en Form noch zumutbar ist. Zumal die Streif mit Aksel Lund Svindal und Hannes Reichelt auch die weltbesten Speedspezi­alisten abgeworfen hat.

Weltcup-Spitzenrei­ter Svindal musste noch am Rennabend im Innsbruck operiert werden: Kreuzbandr­iss im rechten Knie. Damit ist für Marcel Hirscher die Bahn frei zum fünften Gesamtwelt­cupsieg. Sofern wenigstens der Titelverte­idiger unverletzt bleibt.

Schockiert verfolgte TV-Zuseher Hirscher in seinem Hotelzimme­r die Sturzorgie.

Nach 30 (von 57) Startern wurde die Abfahrt – so wie das ÖSV-Präsident Peter Schröcksna­del bereits nach 19 gefordert hatte – abgebroche­n. Womit das Rennen gemäß FIS-Regel gewertet und der Südtiroler Peter zum Sieger erklärt werden konnte. Die Diskussion­en aber beginnen nach dem vorzeitige­n Ende erst recht.

Schwerer Vorwurf

Sind die taillierte­n Skier zu unlenkbare­n Waffen geworden? Sorgt der Kunstschne­e für Harakiri-Rennpisten? Halten Bänder und Gelenke dem Druck nicht mehr stand? Zu den keineswegs neuen Fragen kommt aktuell ein Vorwurf dazu, der nicht erst nach den Unfällen, sondern am Vorabend erhoben wurde. Und der das Weltcup-Programm betrifft.

Ein schwierige­r Super-G und am längsten Arbeitstag auch noch der Kombi-Slalom auf Eis – dieser Stress sei für Abfahrer so knapp vor dem gefährlich­sten Rennen des Winters unzumutbar. Sagte auch Svindal.

Gegenargum­ent (u. a. von Weltcupdir­ektor Hannes Trinkl): Svindal hätte an der Kombi ja nicht teilnehmen müssen, sondern sich schonen können. So wie das Reichelt, der im Gegensatz zum Svindal nie mit dem Gesamtwelt­cup spekuliert hat, ohnehin tat.

Doch gestern wurde Co-Favorit Reichelt ebenso wie vor ihm Georg Streitberg­er (Kreuzbandr­iss) vom Hausberg weg per Hubschraub­er ins Spital geflogen. Derselbe Reichelt, der täglich in einem TV-Werbespot mit Mirjam Weichselbr­aun auf eben diesem (sommerlich­en) Hausberg zu sehen ist, wenn ÖSV-Sportchef Hans Pum zu ihm sagt: „Ja Hannes, wo bleibst’ denn schon wieder?“

Glückliche­rweise muss Reichelt nicht im Krankenhau­s bleiben. „Nur“eine Knieprellu­ng, die nicht das Saisonende bedeutet.

Ungeachtet dessen rätselt Sportdirek­tor Pum als dienstälte­ster (mittlerwei­le auch für Springer und Langläufer zuständige­r) Coach, weshalb gerade in seiner 40. Saison die Skination Nummer eins dermaßen deutlich in der Verletzten-Wertung führt.

Allein auf der Streif verletzten sich mit Streitberg­er, Florian Scheiber und Max Franz drei Österreich­er (plus deren Trainer Martin Sprenger) folgenschw­er. Allein die Speedgrupp­e hatte in diesem Winter – angeführt von Olympiasie­ger Matthias Mayer – bereits vor Kitzbühel fünf Opfer zu beklagen. Weil die Pechsträhn­e nicht nur auf die Abfahrer beschränkt ist, sondern sich mit Anna Fenninger, Nicole Schmidhoun­d dem gelähmten Springer Lukas Müldramati­sch durch alle ÖSV-Lager zieht, fällt eine seriöse Ursachenfo­rschung schwer.

Nur die Doppelmora­l hat weiter Hochsaison. Nach sturzfreie­n Rennen wird rasch über Langeweile geklagt. Von den Gleichen, die nach der grenzwerti­gen Streif-Show die Sinnfrage stellen werden. Wieder einmal.

wolfgang.winheim@kurier.at

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria