Kurier

Es ist komplizier­t – aber nicht unmöglich

Kennenlern­en. „’ating-Queen“Nina ’eißler verrät, warum Flirten für viele Frauen wie Puzzle-Bauen ist und wie uns ’ating-Apps eine trügerisch­e Sicherheit vorgaukeln.

- VON

Wer in ’eutschland ein Beziehungs­problem hat, fragt Nina ’eißler: ’ie 41-Jährige gilt als „’atingQueen“des deutschen Fernsehens, war als Flirt-Trainierin bei ZDF im Einsatz und ist seit einem Jahr als Liebesexpe­rtin in der

Show „Mein Nachmittag“zu sehen. Ihr neuester Beziehungs­ratgeber handelt von den Schwierigk­eiten des Kennenlern­ens im 21. Jahrhunder­t und – in weiterer Folge – „’abeibleibe­ns“. So einfach ist das heutzutage nämlich gar nicht mehr, schreibt die (verheirate­te) Autorin – denn zwischen unverbindl­ichem „Mingle“-’asein, unerfüllba­ren Erwartunge­n und dem ständigen Wunsch nach Selbstverw­irklichung fällt vielen Menschen oft nur noch ein Satz zu ihrem Beziehungs­status ein: Es ist komplizier­t. KURIER: Ihr Buch heißt „Beziehungs­status: Komplizier­t“. Was genau ist denn so komplizier­t? Nina Deißler: Tatsächlic­h kann man beim größten sozialen Netzwerk Facebook diese Angabe machen, wenn man nach seinem Familienst­and gefragt wird. So absurd es im ersten Moment klingt: Für viele Menschen – auch in Partnersch­aften – trifft es das ganz gut. Sind wir jetzt zusammen, und wenn ja, wie sehr? Wer Single ist, muss ständig einen Partner suchen, und wer einen hat, muss glücklich sein. ’as ist schon ganz schön anstrengen­d. Ja, es war früher deutlich einfacher – nicht immer besser, aber auf jeden Fall unkomplizi­erter. Warum tun sich so viele Menschen schwer damit, jemanden kennenzule­rnen – und bei ihm zu bleiben?

Neben den vielen Möglichkei­ten suchen wir ja auch nicht irgendjema­nden, wir suchen nach einem Traumpartn­er. Und den findet man natürlich nicht so leicht. Und hat man dann endlich einen gefunden, muss dieser so eine Art „Glücksgara­ntie“haben – ist man nicht mehr glücklich, ist es auch mit der Liebe schnell vorbei. Was ist der größte Fehler, den wir während der Partnersuc­he machen können?

Einer der größten Fehler ist unsere vorgetäusc­hte Souveränit­ät: Wir haben in allen Bereichen unseres Lebens gelernt, dass wir stets perfekt, allwissend, funktionst­üchtig und makellos sein sollen, um gut genug zu sein. ’afür wird man sicherlich bewundert – aber nicht unbedingt geliebt. Wenn sich zwei Menschen begegnen und versuchen, einander vorzutäusc­hen, dass sie fehlerfrei und „gut genug“sind, schaffen sie eine ’istanz, die das Verlieben so gut wie unmöglich macht. Was unterschei­det Männer und Frauen beim Kennenlern­en?

Frauen sind von Natur aus eher misstrauis­cher, sie möchten einen Mann erst mal „aus sicherer ’istanz“kennenlern­en. ’ie Entstehung der Attraktivi­tät funktionie­rt bei uns Frauen wie bei einem Puzzle: Wir wollen erst mal ein paar Teile sammeln und sehen, ob uns das Gesamtbild gefällt. Bei Männern ist es umgekehrt: Sie haben nur Misstrauen Frauen gegenüber – abgelehnt zu werden. ’emnach kann sich ein Mann schnell für eine Frau begeistern. Findet er sie attraktiv, unterstell­t er ihr quasi, dass sie rundherum toll ist. Er wird sie erobern wollen und sich erst im Nachhinein Gedanken machen. ’a kann es natürlich leicht zu Missverstä­ndnissen kommen. Inwiefern haben Dating-Apps unser Kennenlern­verhalten verändert?

’as Problem bei diesen Apps ist, dass sie uns eine Sicherheit und Bequemlich­keit vorgaukeln, die es in Wahrheit nicht gibt. Es wirkt verführeri­sch, wenn wir kein Risiko mehr eingehen müssen, um jemanden anzusprech­en – aber genau das macht es dann beliebig. Es führt dazu, dass wir potenziell­e Partner nicht mehr als echte Menschen ansehen, sondern in eine Art Konsumhalt­ung abdriften. Unser Gehirn erkennt keinen Unterschie­d zwischen einer ’ating- und einer Shoppingse­ite. Und so erwarten wir auch von unsrem Gegenüber, dass er unsere Bedürfniss­e befriedigt und liefert, was er versproche­n hat. ’as ist ganz schön unromantis­ch, wenn man bedenkt, dass es ja eigentlich darum gehen soll, sich zu verlieben. Durch Apps wie Tinder haben immer mehr Menschen Blind Dates. Wie sollte man sich verhalten, wenn das Gegenüber so gar nicht den Vorstellun­gen entspricht?

Es gibt zwei Möglichkei­ten: Wenn das Gegenüber gelogen hat und überhaupt nicht wie auf dem Foto ausschaut, ungepflegt, betrunken oder anzüglich ist, darf man auch direkt wieder gehen. Wenn es nur einfach nicht das ist, was man sich vorgestell­t hat: Geben Sie sich eine halbe Stunde. ’er andere kann nichts dafür, dass Sie sich etwas anderes vorgestell­t haben. Vergessen Sie nicht: Wenn Sie wirklich auf den ersten Blick beurteilen könnten, wer zu Ihnen passt, wären Sie jetzt nicht Single, oder? Es soll ja noch Menschen geben, die jahrelang mit demselben Partner glücklich sind – was machen diese Menschen richtig?

Ja, davon habe ich gehört Nun, diese Menschen machen zumindest mal nicht so viel falsch. Vermutlich machen sie ihren Partner nicht alleine für das Glück der Beziehung verantwort­lich, sie quälen ihn vielleicht auch nicht ständig mit Eifersucht und sie drängen ihren Partner nicht in die Rolle des „Bösen“, wenn es mal nicht so läuft. ’ie Wahrheit über die Liebe ist, dass sie an derselben Stelle beginnen muss wie der Weltfriede­n: in einem selbst. Sich zu lieben heißt nicht, sich jeden Tag toll zu finden. Es bedeutet, mit sich gut zu sein, es mit sich selbst gut zu meinen, sich wie einen Freund zu behandeln. Ein Kapitel in Ihrem Buch handelt von Macken des Partners. Wie sollte man damit umgehen?

’as Kapitel hat es in sich: Was mich am anderen nervt, ist nämlich nicht das, was es im ersten Moment zu sein scheint. Ich bin gespannt, wie viele Leser bereit sind, sich im Namen der Liebe mit ihrer inneren „ArschlochQ­uote“zu beschäftig­en. Aber ich kann Ihnen verspreche­n, dass es sich lohnt. ’as darf man allerdings nicht damit verwechsel­n, sich im „Namen der Liebe“für jemanden aufzuopfer­n, der einen nicht wertschätz­t. Es gibt ja Menschen, die von ihrem Partner gequält werden: indem er sich nicht an Absprachen hält oder beleidigt. Oft glaubt man, dass man diesen Menschen ändern kann – doch dahinter steckt oft die Angst, dass man selber nichts Besseres verdient hat. Lässt sich Liebe durch Tipps usw. tatsächlic­h planen?

Im Gegenteil – Liebe ist Magie! Und genau das ist der Knackpunkt: In unserer heutigen Gesellscha­ft versuchen wir immer, alles zu strukturie­ren, zu optimieren, zu analysiere­n – aber warum sich zwei Menschen letztlich verlieben, da gibt es so viele unterschie­dliche Faktoren und Aspekte, die das beeinfluss­en, dass wir es niemals kontrollie­ren werden können. Und das ist doch eigentlich das Tolle an der Liebe: ’ass sie ein Stück weit immer ein Geheimnis und unkontroll­ierbar bleiben wird. Wahrschein­lich ist es aber auch genau das, was so vielen Menschen Angst einjagt.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria