Dinge, die es heute zu erledigen gilt: June küssen!
Aufzeichnungen. Johnny Cash schrieb sich auf, seine Frau zu küssen. Marilyn Monroe notierte sich, verstärkt ihre Probleme angehen zu wollen. Notizen auf Post-its helfen, den Alltag zu ordnen. Jene in Tagebüchern, zu reflektieren.
Sie helfen dabei, unser Leben zu strukturieren und Dinge nicht zu vergessen – egal ob Adressen, Lebensmittel oder Termine. Notizen sind eine sinnvolle und praktische Notwendigkeit, davon ist Psychologe Alfred Lackner überzeugt. „Wir leben in einer chaotischen Welt und werden von allen Seiten mit Informationen überhäuft. Menschen sind gefordert, diese Informationen zu sichten, selektieren, abzulegen und zu priorisieren. Notizen helfen dabei.“
Vor Hunderten Jahren hatten die Menschen weniger Informationen und Termine, dafür regelmäßigere Abläufe. Das Bedürfnis, Informationen festzuhalten, war aber früh vorhanden. Im Altertum ritzten sie Botschaften, Aufgaben, Abrechnungen und Wettermeldungen auf Tonscherben, sogenannte „Ostraka“. Die Scherben waren günstiger als das teure Papyrus. In Athen wurden die Bruchstücke von Schalen und Vasen auch als Stimmzettel bei Wahlen verwendet. Neben diesen Frühformen gab es auch dauerhaftes Notieren, etwa zur staatlichen Verwaltung von Finanzen, schreibt Hanns-Josef Ortheil in seinem Buch „Schreiben dicht am Leben“. Wer es sich damals leisten konnte, fixierte die Notizen auf Papyrus und hinterlegte sie in einem Archiv. Auf diese Art wurde auch Wissen aus Religion und Philosophie gesammelt. Aus der antiken Siedlung Deir elMedina im heutigen Ägypten stammt etwa eine Liste mit Notizen zur Deutung von Träumen. Ein unbekannter Autor verfasste sie um 1220 vor Christus auf Papyrus. Er schrieb: „Wenn sich etwa ein Mann selbst im Traum in einem Garten in der Sonne sitzen sieht, bedeutet es Freude.“
Tagebücher
Träume oder Erlebnisse in Tagebücher zu schreiben, ist wieder eine andere Form der Aufzeichnung, erklärt Psychologe Lackner. Bei einem Reisetagebuch geht es oft um das einfache Beschreiben von Erlebtem. In Tagebuch-Notizen finden sich oft reflektierte Ansichten. „Dinge werden einem dabei oft klarer: Was heißt das für mich in Bezug auf Vergangenheit und Zukunft? Diese Notizen haben eine wichtige Funktion im Sinne der Selbsterkenntnis.“
Ein solches Ziel verfolgte vermutlich auch Norma Jean Baker, besser bekannt als Marilyn Monroe. In ihren Neujahrsvorsätzen notierte sie, dass sie gegenwärtige Probleme angehen und sich auch in der Therapie mehr bemühen will. Shaun Usher, britischer Autor und Blog- ger, entdeckte diese privaten Aufzeichnungen und veröffentlichte sie in seinem Buch „Lists of Notes“. Er sucht regelmäßig in Archiven und Bibliotheken nach Briefen und Notizen. Und stellt sie auf seine Blogs
und Darunter finden sich viele historische Zeugnisse berühmter Menschen – etwa Michelangelo Buonarrotis Einkaufsliste aus dem Jahr 1518, die etwas über die Essgewohnheiten des Künstlers verrät. Für Leonardo da Vinci war das Notizbuch ein Kreativ-Werkzeug: Der Maler und Erfinder trug sein Skizzenbuch am Gürtel. Stets griff bereit, um Einfälle zu notieren.
Diese Art von persönlichen Notizen werden noch heute auf Papier geschrieben, obwohl es elektronisch einfacher wäre. „Bücher und Hefte sind Objekte, die ich anschauen, angreifen, herumtragen kann. Ich kann dazu eine Beziehung auf bauen. Das Ablegen der Information erfolgt durch meine Handschrift, die ein direkter Ausdruck meiner Persönlichkeit ist. Wenn ich in meinem Tagebuch lese, trete ich dadurch auch in Beziehung zu mir. Diese Beziehungsgestaltung ist mit elektronisch gespeicherter Information schwer möglich“, sagt Psychologe Lackner.