Pulverschnee vom Wintermacher
Innovation. Ökologischer „Kunstschnee“soll Wintersport revolutionieren
Wenn Frau Holle indisponiert ist, springt Michael Bacher ein. So könnte man das Geschäftsmodell des 40-jährigen Wissenschaftlers wohl zusammenfassen. Denn Bacher stellt Schnee her. Keine Eiskörnchen, wie sie aus konventionellen Schneekanonen geblasen werden, sondern feinen Pulverschnee, der jenem aus der Natur erstaunlich nahekommt.
Seit Winter 2014 läuft in Obergurgl, Tirol, der Testbetrieb. 2017 könnte der erste Schnee tatsächlich auf den Pisten landen – und ganz nebenbei den Wintersport revolutionieren.
Die Idee dahinter ist so genial wie logisch. In einer künstlichen Wolke entstehen Schneekristalle – genauso, wie sie in der Atmosphäre wachsen. „Im Inneren unserer Wolkenkammer wird ein Zyklon erzeugt, in den mittels Düsen Druckluft und Wassertröpfchen gesprüht werden“, erklärt Bacher, der seit 2009 zum Thema Schnee-Erzeugung forscht und 2014 mit drei Kollegen die Firma Neuschnee gegründet hat.
Die Druckluft expandiert und kühlt ab, die Wassertröpfchen gefrieren zu kleinen Eisplättchen. Durch die hohe Luftfeuchtigkeit in der Kammer lagern sich weitere Wassermoleküle an den Eiskeimen an und das Kristallwachstum beginnt. „Die Schneekristalle sinken nach unten und lagern sich am Behälterboden ab.“
Die Vorteile sind beachtlich. „Mit unserem Testgerät verbrauchen wir in zwei Ta- gen nur drei Kilowattstunden Strom“, sagt der Wintermacher. „Eine normale Schneekanone braucht diese Menge in zehn Minuten.“Auch der Wasserverbrauch fällt geringer aus. Statt 20 Kubikmeter Wasser pro Stunde wie herkömmliche Kanonen brauche die Wolkenkammer lediglich einen. Der Nachteil: Es braucht Minusgrade und es wird (noch) weniger Schnee hergestellt. „Mit der Anlage werden wir fünf Kubikmeter Schnee pro Stunde produzieren, wir wollen aber auf zehn bis 12 kommen.“
Spaß auf der Piste
Sein Ziel hat sich der Neuschnee-Chef hoch gesteckt: „Wir wollen den natürlichen Schnee zurück ins Skigebiet bringen.“Und damit auch den Spaß. Denn statt harten „technischen Schnee“könnte Powder auf den Pisten Einzug halten und den Sportlern das bieten, was sie derzeit abseits präparierter Hänge suchen: Tiefschnee.
Die Wintertouristiker verfolgen das Projekt jedenfalls genau, können sie mit der Technik doch Ressourcen schonen und Betriebskosten sparen. Bis zum Sommer sollen Forschung und Entwicklung weiterlaufen. Bis dahin will Bacher mit Investoren ins Geschäft kommen. „Nächsten Winter wollen wir das Gerät in den laufenden Betrieb einbinden.“Nun muss noch eine mobile Wolkenkammer entwickelt werden, die die Hänge in der Nacht beschneien kann.