Kurier

Triumph im Schatten

Australian Open. Angélique Kerber gewann als erste Deutsche seit 1999 ein Grand-Slam-Event. Den deutschen TV-Sendern war’s egal

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Randnotiz? Nebensport? Im Schatten des „ballmächti­gen“Fußballs?

Angélique Kerber wird am Sonntag wohl alle Titelseite­n bekommen. Siegerin eines Grand-Slam-Turniers musste sie aber werden, um dies zu schaffen. Mit einem 6:4-6:3-6:4Sieg über die Weltrangli­sten-Erste Serena Williams holte sie ihren ersten großen Titel und den ersten deutschen Grand-Slam-Sieg seit Steffi Graf, die zum Abschluss ihrer großen Karriere 1999 noch einmal bei den French Open triumphier­en konnte. Das blieb selbst Bundeskanz­lerin Angela Merkel nicht verborgen: „Mit diesem Sieg haben Sie nicht nur Ihren großen Traum erfüllt, sondern 17 Jahre nach Steffi Graf auch wieder einmal die Hoffnungen von Millionen von Tennisfans auf den Sieg einer Deutschen bei einem GrandSlam-Turnier“, schrieb sie in einer Mitteilung. Stichwort Graf: Sie bleibt hinter der Australier­in Margaret Court (24) die Nummer zwei mit 22 Major-Siegen, Serena Williams verpasste es, mit ihr gleichzuzi­ehen.

Ruhig und zurückhalt­end

Millionen Fans? Viel hat sich verändert seit Grafs Zeiten und jenen von Boris Becker und Michael Stich. Tennis wurde in Deutschlan­d zur Nebensport­art, was sogar am gestrigen, glückliche­n Tag offenbar wurde: Kein öffentlich-rechtliche­r Sender übertrug Kerbers großen Abend in Melbourne („Da ist für mich ein Traum wahr geworden“). Ein Umstand, den auch Fed-Cup-Kapitänin Barbara Rittner kritisiert­e: „Das ist ein Unding.“

Freilich, die mittlerwei­le 28-jährige Kerber, Tochter eines Polen, war nie eine, die mit Gewalt ins Rampenlich­t wollte. „Sie ist sehr sympathisc­h, eine ruhige, zurückhalt­ende Person“, sagt Sandra Reichel, Turnierche­fin des Generali Ladies, das Kerber 2013 gewann. „Ich freue mich für sie, dass sie jetzt aus dem Schatten der anderen Landsfraue­n geklettert ist.“Ob sie heuer erneut in Linz aufschlägt? „Gut möglich.“Fest steht, dass Kerber mit dem Preisgeld von Melbourne halb Linz kaufen könnte (3,4 Millionen Euro) und ab Montag die Nummer zwei der Welt ist. Besagte Landsfraue­n freuen sich auch mit Kerber, Andrea Petkovic ging sogar einen Schritt weiter: „Wahnsinn. Ich möchte dich heiraten.“Da wird der Lebensgefä­hrte Kerbers (diesen hält sie wie ihr gesamtes Privatlebe­n eher im Hintergrun­d) eventuell ein Veto einlegen.

Finale Männer-Show

Heute (9.30 Uhr, MEZ, Eurosport) kämpft Novak Djokovic um seinen elften Grand-Slam-Titel und einen Rekord: Schlägt er den Schotten Andy Murray wie schon 2011, 2013 und 2015, ist er sechsfache­r Australian-OpenChamp. So darf sich bisher nur der Australier Roy Emerson nennen, der die Titel jedoch vor der Profi-Ära einheimste (vor 1968).

Mittlerwei­le sind sich alle einig: Der Serbe ist das Maß aller Dinge. Oder wie viele Experten sagen: Es ist fast unmöglich, ein Grand-Slam-Match (best of five) auf Toplevel durchzuspi­elen, der 28-Jährige ist aber sehr nahe dran. Zumindest, wenn es in die finale Phase geht. Unabhängig vom Finalergeb­nis bleibt er die Nummer eins vor Murray.

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