Kurier

„Wir baden noch alte Fehler aus“Eishockey-Interview.

Präsident Hans Schmid will mehr junge Österreich­er im Team der Vienna Capitals sehen

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Er ist Kauf hausbesitz­er (Steff l), Gastronom (SkyRestaur­ant, Mayer am Pfarrplatz, Pfarrwirt), Hotelbesit­zer (Parks in Velden) und Wiens größter Winzer. Und dennoch leuchten Hans Schmid, 75, immer noch die Augen, wenn er über die Capitals spricht. Ein Arbeitssie­g wie jener beim 1:0 bei Meister Salzburg am Freitag ist ganz nach seinem Geschmack. Vor dem SonntagSch­lager gegen Bozen (16 Uhr) erzählt der Präsident des Wiener Eishockey-Klubs im KURIER-Interview vom Wein, von der Suche nach einem Nachfolger und dem künftigen Forcieren der Wiener Talente. KURIER: Mit welcher Sorte würden Sie die Vienna Capitals vergleiche­n? Hans Schmid: Gemischter Satz. Es wird gemeinsam geerntet, gemeinsam gepresst, und dann spielen sich in den Tanks unterschie­dliche Szenarien ab. Oft ist man enttäuscht, obwohl alles so sein sollte wie im Vorjahr. Bestimmte chemische Reaktionen treten nicht ein, oder zu einem anderen Zeitpunkt. Aber nach einiger Zeit beruhigt sich der Gemischte Satz und es hat wieder funktionie­rt. Also eine Parallele zu dieser Saison?

Genau. Es gibt Schwankung­en. Wie beim Wein. Du machst eine Verkostung und sagst: „Wir haben ein Problem.“Eine Woche später ist er ganz anders. Wie jetzt bei uns. Gibt es zwischen der Wein-Produktion und einem Klub Gemeinsamk­eiten?

Spitzenwei­n entsteht immer noch im Weingarten. Das ist so wie jetzt mit unserer Jugendarbe­it. Wenn man die richtige Sorte auf dem richtigen Boden auspflanzt, dann hat man dort nach einigen Jahren sehr guten Ertrag und einen sehr guten Wein. Das Aussetzen der Pflanzen kann man mit der Verpflicht­ung der Spieler vergleiche­n. Womit kann man eher Geld verdienen: mit Wein oder mit den Capitals?

Mit Eishockey sicher nicht. Mein Wunsch ist, ein Mal pari auszusteig­en. Mit dem Wein kann man Geld verdienen. Aber auch das ist eine nachhaltig­e Geschichte. Wir haben 2001 mit 1,7 Hektar begonnen und haben viel investiert.

Sie sind seit 2001 bei den Vienna Capi- tals. Haben Sie im Kopf, was Sie seit damals investiert haben?

Einen zweistelli­gen Millionenb­etrag. Ohne die Firmen, die Ihnen gehören?

Genau. Das hat sich in der letzten Zeit verbessert. Aber derzeit belastet uns die Halle, die viel Geld kostet. Wir können die Halle nicht so verwerten, wie wir es wollen, weil wir 80 Prozent gestützte Tarife vergeben: für Jugendmann­schaften, Schul-Eislaufen, Eisstocksc­hießen usw. Aber wir werden immer mehr Veranstalt­ungen haben, die nichts mit dem Eishockey zu tun haben. Kann der Klub ohne Sie überleben?

Ja. Die Capitals haben ein gutes Image und gute Zuschauerz­ahlen. Und es gibt auch ohne mich gute Sponsoren – mit einem beträchtli­chen Return of Investment. Es müssen die richtigen Leute kommen, die das in die Hand nehmen wol

len. Gibt es einen Zeitplan?

Ich führe Gespräche mit Leuten, die sehr viel von Eishockey verstehen. Ich habe auch im privaten und geschäftli­chen Bereich viel geordnet. Noch sind die Capitals eine große Belastung, die ich keinem Familienmi­tglied zumuten möchte. Sie sind bei jedem Heimspiel. Was ärgert Sie, und was freut Sie am meisten?

Am meisten ärgert es mich, wenn die Mannschaft nicht kämpft. Ich freue mich, wenn die Checks ausgefahre­n werden, wenn man spürt, dass die Spieler unbedingt gewinnen wollen. Und manchmal ärgere ich mich über die Schiedsric­hter. Es gibt zwei, da wundern sich sogar Gäste von anderen Vereinen, dass unsere Fans so ruhig bleiben. Gegen Linz kamen nur 4100 Zuschauer. Nehmen die Fans die Zwischenru­nde nicht

an?

Ich finde die Zwi- schenrunde spannend. Erstens können wir uns in den Top Drei den Viertelfin­algegner aussuchen und haben in den Top Vier Heimvortei­l im ersten Spiel. Das ist sportlich und wirtschaft­lich wichtig. Wie zufrieden sind Sie sportlich?

Ich bin nicht ganz zufrieden. Wenn man sich die Vita einiger Spieler ansieht, sind das exzellente Leute. Dafür ist mir die Mannschaft zu wenig kompakt. Oft wird zu komplizier­t gespielt. Bei uns bleiben manche Spieler zu lange an der Scheibe. Das sagt auch Trainer Jim Boni. Was ist mit diesem Team möglich?

Alles. Diese Mannschaft kann Meister werden. Das habe ich schon am Anfang gesagt. Wie werden die Capitals in der Zukunft aussehen?

Es gibt ein paar Verträge, die länger laufen. Alle anderen sind frei. Wir haben in der Jugend gut gearbeitet. Es bieten sich wieder zwei, drei Junge an. Auch in der U 16 gibt es ein, zwei, mit denen wir gut aufgestell­t sind, wenn wir sie behutsam auf bauen. Was muss passieren, damit diese den Weg zu den Profis in Wien schaffen und nicht wie bisher nach Salzburg oder ins Ausland gehen?

Wir machen alles dafür. Die Jungen sind unsere Zukunft. Wir müssen nicht mehr mit zehn oder elf Ausländern spielen. Wir baden noch alte Fehler aus. Mittlerwei­le gibt es mit dem Verband eine sehr gute Zusammenar­beit. Seit der Umstruktur­ierung wird dort richtig gut gearbeitet. Wir investiere­n auch in die U16und die U18. Auf lange Sicht werden wir uns Geld sparen. Wir werden diesen Weg forcieren. Ich will nicht mehr von Legionären abhängig sein, die mit 70 Prozent noch ein paar Jahre lang in Europa Geld verdienen wollen. Das heißt, es herrscht Zurückhalt­ung bei Vertragsve­rlängerung­en?

Derzeit gibt es keine Verhandlun­gen. Ich will sehen, wie sich die Herrschaft­en in der Zwischenru­nde und im Play-off machen. Und ich habe in Auftrag gegeben, vermehrt Österreich­er zu verpflicht­en. Dann können wir uns bei den Legionären Zeit lassen und nur noch jene nehmen, die wir wirklich wollen.

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