„Österreicher Markus Rogan.
Der Ex-Schwimmer ist einer der erfolgreichsten und streitbarsten Sportler des Landes. Der Wahlamerikaner über Nationalstolz, seinen Job als Therapeut und eine revolutionäre Sportförderung.
Ein Interview mit Markus Rogan ist eine Herausforderung. Es beginnt beim Würstelstand, wo sich der 33-Jährige vor einem Vortrag mit einer leeren Semmel noch schnell stärkt, wird wenig später fortgesetzt auf der Stiege im Haus der Industrie und endet ein paar Tage später mit einer Nachbesprechung am Telefon, als Rogan – zurück in seiner Wahlheimat Los Angeles – auf den Sonnenaufgang wartet, um Surfen gehen zu können.
Markus Rogan, eine der schillerndsten rot-weiß-roten Sportpersönlichkeiten dieses jungen Jahrtausends, spricht noch immer viel und gerne. In seinem neuen Beruf als Psychotherapeut muss der erfolgreichste Schwimmer des Landes nun aber vor allem zuhören. „Ich hab’ auch einfach selbst Therapie gebraucht nach der Karriere als Sportler“, sagt der Wiener, der laut Eigendefinition aus einem „Psycho-Haushalt“kommt. Die Mutter ist Psychiaterin, der Stiefvater Psychologe. „Der Umgang mit Konflikten war da an der Tagesordnung“, sagt er. KURIER: Herr Rogan, Sie waren während Ihres Österreich-Aufenthalts zu Gast bei einer Talkshow zum Thema Flüchtlinge und diskutierten im Haus der Industrie mit Wissenschaftlern über Migration. Warum ist es Ihnen wichtig, zu diesen Themen Stellung zu beziehen? Markus Rogan: Weil ich selbst Migrant bin. In meiner Wahlheimat Amerika wird man als Ausländer viel besser behandelt als hier. Inwiefern?
Wenn ich als junger Ausländer nach Österreich komme, habe ich keine Vorbilder, denn die werden versteckt. Die Schlechten werden zu gigantischen Geschichten hochgespielt und die Guten werden bestenfalls ignoriert. Wir haben generell das Problem, dass wir Vorbilder zu wenig wertschätzen. Sehen Sie es als Ihre Pflicht an, als ehemaliger Spitzensportler darauf aufmerksam zu machen?
Ich würde mir generell wünschen, dass unsere Sportler mehr reden. Die meisten sagen ja nichts. Ich denke, dass mich im Gegensatz zu vielen anderen ein Merkmal auszeichnet: Ich scheue keinen Konflikt. Und die meisten Österreicher haben Angst vor jeglicher Konfrontation. Nach dem Leitsatz: „Die anderen sind schlecht, aber direkt sagen tu’ ich nix.“Ich finde gerade den Konflikt interessant. Das ist vermutlich das Un-österreichischste an mir. Vielleicht laden sie mich deshalb so gerne zu Diskussionen ein. Ich hab’ vielleicht nicht so viel Ahnung von diesen Themen, aber dafür zumindest keine Angst vor der Konfrontation. Einige Leute werden sich jetzt wieder denken: Einmal ist der Rogan wieder in Österreich, schon tritt er wieder überall auf. Wie gehen Sie mit diesem Image um?
Es ist ein wenig komisch für mich, wenn ich jetzt nach Österreich komme. Weil hier meine Meinung plötzlich wieder so viele interessiert. Das kenne ich aus den USA nicht. Und außerdem: Der Sport und die Athleten haben in Nordamerika einen ganz anderen Stellenwert in der Gesellschaft. Was meinen Sie damit?
Es ist dort erlaubt, wenn ein Sportler fragt: Was bringt mir das Ganze? Was habe ich davon, wenn ich dies oder das mache oder dort auftrete? Die Sportler in den USA, die von einem Thema berührt sind, nehmen viel deutlicher Stellung dazu. Ein mexikanischer Baseball-Profi etwa sagt selbstverständlich etwas zu Donald Trump und seiner Ausländerpolitik. Was bedeutet für Sie Nationalstolz?