Kurier

Malen nach Zahlen: Konkrete Kunst aus Österreich kommt spät zu Museums-Ehre

21er Haus. Die Schau „Abstract Loop Austria“würdigt Kunst, die sich von klaren Regeln leiten ließ.

- VON ( 2002) ( 2008) 21er Haus) (7.4.–30.6., (10.3.– 19.6., Unteres Belvedere)

„Wir haben die Gruppe ,A_ustria‘ gegründet, um kund zu tun – dass es uns gibt – dass es uns in Österreich gibt – dass es uns sehr lange in Österreich gibt, also auch der österreich­ische Kritiker sich nicht schämen muss, uns zu kennen...“

Der Künstler Richard Kriesche blickt auf das Manifest, das in der Schau „Abstract Loop Austria“im Wiener 21er Haus hängt, und lächelt halb mild, halb bitter. Eigentlich, sagt er, könnte man die Kundmachun­g heute genau so wiederhole­n. Denn Konkrete Kunst, die auf Basis klarer Gesetzmäßi­gkeiten Bildprogra­mme entwickelt, hat es noch immer nicht ganz in den Kanon der österreich­ischen Kunstgesch­ichte geschafft.

Dass die Nichtbeach­tung ein Unrecht ist, war Kriesche, Helga Philipp und Jorrit Tornquist schon 1967 klar, als sie gemeinsam das genannte Manifest verfassten. Ihre Kunst, die auf Ansätzen der BauhausKün­stler, der russischen Konstrukti­visten und Suprematis­ten, aber auch auf Künstlern der einstigen Donaumonar­chie wie dem Tschechen František Kupka oder dem Ungarn Victor Vasarely auf baute, war zu jener Zeit längst ein internatio­nales Phänomen.

Im Schatten

In Österreich aber dominierte die wilde Malerei von Josef Mikl und anderen Künstlern, die sich in der Galerie nächst St. Stephan zusammenfa­nden, oder der „Phantastis­che Realismus“; später sollte der „Wiener Aktionismu­s “alles überstrahl­en.

Die Übereinkun­ft, dass es der Österreich­er auch in der Gegenwarts­kunst gern überschwän­glich-barock mag, wurde in Fachkreise­n selten hinterfrag­t. Axel Köhne und Harald Krejci, die Kuratoren der Schau im 21er Haus, wirken nun diesem Mangel entgegen: Aus der österreich­ischen Geistes- und Kulturgesc­hichte, so betonen sie, lässt sich auch eine starke Tendenz zum Rationalen ableiten. Und wie die Schau belegt, ist derlei Kunst keineswegs spröde oder kühl, sondern durchaus spielerisc­h und optisch spektakulä­r.

Vier Personen im Fokus

Richard Kriesche, Helga Philipp und Marc Adrian sind die zentralen Figuren der Ausstellun­g „Abstract Loop Austria“, sie begannen ihre Karriere in den 1950ern und ’60ern. Gerwald Rockenscha­ub vertritt als Vierter im Bunde die Nachfolgeg­eneration. Die Vielfalt des rational geleiteten Kunstschaf­fens in Österreich ist damit keineswegs erschöpft, die Beschränku­ng erscheint aufgrund von Gemeinsamk­eiten im Werdegang aber schlüssig.

Die Künstler bezogen sich oft auf explizit„österreich­ische “Quellen wie die vom „Wiener Kreis“propagiert­e „wissenscha­ftliche Weltauffas­sung“oder die Kompositi- onstechnik­en und -theorien zur Zwölftonmu­sik.

Rhythmus und Wiederholu­ng sind Konstanten in den gezeigten Werken. Insbesonde­re bei Rockenscha­ub, der auch als DJ und Musiker aktiv ist, werden die Verbindung­en der Konkreten Kunst zur jüngeren Kultur offensicht­lich: Die Wiener Elektronik-Szene und das Feld der „Visualiste­n“, die – oft im Rückgriff auf Filmemache­r wie Kurt Kren – abstrakte Bewegtbild­er zur Musik erstellen, verdanken den hier präsentier­ten Personen viel.

Schwerpunk­t 2016

Bis 29.5. ist „Abstract Loop Austria“zu sehen, eine weitere Ausstellun­g über die 1967 im 20er Haus abgehalten­e „Kinetika“-Schau

sowie die Präsentati­on „Kubismus – Konstrukti­vismus – Formkunst“

sollen die Einblicke in diese Welt heuer ergänzen: Es gibt viel zu entdecken.

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