Petri Heil im hohen Norden: Wo Fi
Dänemark. Seit den 1990er-Jahren hat sich der Meerforellen-Bestand auf Fünen stark erholt. Heute bietet die Ostseeinsel beste Voraussetzungen für einen erfolgreichen Angelurlaub in unvergleichlicher Natur.
Zwei Schritte nach rechts, den Blinker weit auswerfen, und zügig wieder einholen. Zwei Schritte nach rechts, auswerfen, einholen. Mit einem Abstand von 50 Metern stapfen wir durch die Bucht von Helnaes, einer Halbinsel im Südwesten von Fünen. Dank Wathose kann man stundenlang im kalten Wasser stehen, ohne zu frieren. Begleitet werden wir von Angel-Guide Omar Gade. „Kontinuierliche Bewegung ist entscheidend“, sagt er und geht auf dem steinigen, mit Seegras bewachsenen Untergrund zwei Schritte weiter. „So können wir den ganzen Küstenabschnitt befischen. Das steigert die Chance, eine Meerforelle zu erwischen.“
Schnell merkt man: Einen Angel-Experten an seiner Seite zu haben, ist von großem Wert. Schließlich will die Meerforelle gefunden werden. Das ist bei den langen Küstenabschnitten gar nicht so einfach. Mit dem sympathischen Omar hat man Glück: Er ist in Dänemark geboren, fischt seit seinem sechsten Lebensjahr im südfünischen Inselmeer und kennt die Gewässer wie seinen Angelkoffer. Erfolgsgarantie ist das zwar keine, aber es erhöht die Aussicht auf Fischkontakt ungemein.
Anfänger oder geübter Petrijünger, Spinn- oder Fliegenfischer – jeder kann es versuchen. Lediglich eine (online oder vor Ort käufliche) Lizenz, das Angelgerät und die Watausrüstung sind fürs Küstenfischen notwendig. Wer all das nicht besitzt, der leiht es sich auf Helnæs aus. Dort hat Omar vor Kurzem Dänemarks erste Angel-Lodge eröffnet: Ein liebevoll restaurierter, typisch dänischer Hof mit Übernachtungsmöglichkeit und einem kleinen Restaurant, in dem Hausherrin Valentina Scarabelli allerfeinste italienische Küche serviert. Mamma Mia, die hausgemachten Tortelloni, die Lasagne und die Panna Cotta sind ein wahres Gedicht!
Silber im Kescher
Doch wer davon ausgeht, mit reicher Beute wieder nach Hause zu fahren, wird rasch eines Besseren belehrt: Der Fisch ist scheu und lässt sich nur selten blicken. Um die Reviere aufzuspüren, sind oft kleinere Wanderungen an Land nötig. Gute Stellen bietet die Insel genug – etwa Båring Vig, Assens, Torø Huse und Fåborg. Auch Helnæs zählt zu den Top-Plätzen: Einer der schönsten Ausgangspunkte ist der Leuchtturm von Lindehoved. Von dort spaziert man entlang der niedrigen Steilküste, um schließlich zwischen Kormoranen und Seeschwalben einen guten Angelplatz zu finden.
Und dann ist es so weit: Der erste Biss, die Rute biegt sich und der Drill beginnt. „Langsam kurbeln und den Fisch unter der Wasseroberfläche halten“, rät der Profi. Auch das braucht Übung: Einige Male hüpft die Forelle noch, bevor Omar Gade sie mit dem Kescher aus dem Wasser holt. Ein Blick reicht und er weiß: Dieses Exemplar misst weniger als 40 Zentimeter. Und weil das unter dem Schonmaß liegt, darf es nach dem Siegerfoto wieder weiterschwimmen.
Tour ins Inselmeer
Viele gute Angelstellen findet man auch auf der Insel Avernakø, die vom historischen Städtchen Fåborg per Autofähre in knapp einer Stunde erreichbar ist. Genau genommen besteht sie aus den beiden vormals getrennten Inseln Avernak und Korshav. Doch schon seit Jahrzehnten verbindet sie ein 700 Meter langer Damm.
Im östlichen Teil, bei der „Alten Schule“, trifft man Gitte Sørensen. Gemeinsam mit ihrem Mann betreibt die ehemalige Krankenschwester ein kleines Anwesen mit Bed & Breakfast, Café und Restaurant, Streichelzoo und Fahrradverleih. Im Hofladen verkauft sie lokale Produkte und Selbstgemachtes: Ziegenfleisch und -wolle, eingelegter Hibiskus, Sanddorn, GojiBeeren, Eiscreme, Salze und Kräuter. „Kommt, ich zeig euch meine Ziegen“, sagt Sørensen und hüpft in ihr Auto.
Über holprige Wege düst sie aus dem Dorf, vorbei an Blumenwiesen und Brombeersträuchern. Unterwegs erzählt das Energiebündel, das auch als Hafenmeisterin tätig ist, dass seine Tiere geschlachtet und anschließend eigenhändig zu Fleisch verarbeitet werden. „Das gehört dazu“, sagt sie. „Aber manchmal fällt es schon schwer.“Zu einigen Ziegen hat sie nämlich ein besonderes Verhältnis. Etwa zu Bambi, einem schüchternen jungen Ziegenbock, den wir mit seinen Gefährten auf einem Hügel treffen. Dort oben, umringt von der Herde, eröffnet sich inmitten vielfältiger Natur ein spektakulärer Blick auf die dänische Südsee.
Märchenhaft
Sollte sich das Wetter im September einmal von seiner launischen Seite zeigen, laden auf Fünen jede Menge Schlösser, Herrenhäuser und farbenfrohe Fachwerkhäuser zum Besuch ein. In der Hauptstadt Odense sind die gotische Sankt Knuds Kirche aus dem 14. Jahrhundert oder die frühgotische Sankt Albani Kirche mit ihrem romanischen Portal sehenswert. Zudem sollte man sich auf die Spuren des Märchenschreibers Hans Christian Andersen bege- ben. Vom Rathaus weg markieren Fußstapfen auf dem jahrhundertealten Kopfsteinpflaster einen Rundgang durch den Geburtsort des Schriftstellers. Man passiert sein Geburtshaus „Barndormshjem“und trifft auf Skulpturen und Sehenswürdigkeiten aus seiner Märchenwelt.
Rund 30 Kilometer entfernt befindet sich das Wasserschloss Egeskov – eine auf Eichenpfählen errichtete Wasserburg aus dem 16. Jahrhundert. Mit seinen romantischen Ecktürmen und schmalen Schießscharten thront es inmitten einer riesigen Anlage mit Themengärten, Labyrinth, Spielwald, OldtimerMuseum, Kleidersammlungen, Rittersaal und vielem mehr. Wie beim Angeln, lässt sich auch hier die Zeit vergessen.
Große Hotels mit Animationsprogramm gibt es auf Fünen nicht. Gewohnt wird in Ferienhäusern, die, in den Dünen versteckt, die Küste säumen. Das Angebot an Unterkünften ist groß und kann beim Anbieter Novasol nach Region, Nähe zum Meer, Größe u. a. Kriterien gefiltert werden. Zudem bieten Ausstattungen wie Kamin, Whirlpool oder Sauna umfangreiche Wellness-Möglichkeiten. Damit kann man auf Fünen nicht nur eine erholsame Woche in der Natur verbringen – auch die Ausstattung und der Komfort, die Lage am Meer und die Privatsphäre der Häuser tragen zur sanften Entschleunigung bei.