Kurier

SPÖ lenkt bei Fingerabdr­ücken und täglicher Obergrenze ein

Strengere Kontrollen. Kehrtwende nach KURIER-Bericht: Rot und Schwarz wollen Fingerprin­ts aller Flüchtling­e speichern.

- VON UND

Farbdia-Vortrag: „Allein in den Weiten Rußlands“ Die Klagen der Grenzpoliz­isten in Spielfeld hatten offenbar Erfolg. Denn der Streit in der Regierung über die Speicherun­g von Fingerabdr­ücken von Flüchtling­en dürfte fürs Erste beigelegt sein. Die SPÖ lenkt ein und bietet nun eine Lösung an. Kanzleramt­sminister Josef Ostermayer hält die Speicherun­g von Fingerabdr­ücken von Flüchtling­en, die nicht in Österreich um Asyl ansuchen, zwar jetzt schon für rechtlich möglich. „Unser Verfassung­sdienst ortet da keine Probleme. Wir sind aber trotzdem zu einer gesetzlich­en Klarstellu­ng bereit. Wenn die ÖVP das wünscht, sind wir darüber gesprächsb­ereit“, sagt Ostermayer zum KURIER.

Bis zum diesem Angebot herrschte ein grotesker Zustand: Die Grenzpoliz­isten in Spielfeld wollten die Fingerprin­ts der Flüchtling­e nicht nur in der Datenbank abgleichen, sondern auch lückenlos speichern. Durften es aber nicht – wie der KURIER exklusiv berichtete.

Darauf hin schob Innenminis­terin Johanna MiklLeitne­r die Schuld auf die SPÖ. Sie wollte eine Änderung des Grenzkontr­ollgesetze­s erreichen, doch der Koalitions­partner hätte das blockiert. Stimmt nicht, konterte die SPÖ. Am Tag danach verspricht sie nun doch eine rechtliche Klarstellu­ng.

Zurück, aber wohin?

Denn selbst Experten sind unterschie­dlicher Meinung, was bisher eigentlich gilt. Verfassung­srechtler Walter Obwexer, der für die Regierung das Obergrenze­n-Gutachten erstellt, meinte auf dass die Fingerprin­ts möglicherw­eise deswegen nicht gespeicher­t und damit EU-weit registrier­t werden, weil sie dann laut dem Dublin-III-Abkommen wieder nach Österreich zurückabge­schoben werden könnten, sollten sie nach der Durchreise in Deutschlan­d oder Schweden kein Asyl bekommen.

Ganz anderer Meinung ist der Generaldir­ektor für die öffentlich­e Sicherheit, Konrad Kogler. Der oberste Beamte von Johanna Mikl-Leitner sieht die Dublin-III-Vereinbaru­ng nicht als Hindernis, um die Fingerprin­ts aller Flüchtling­e in Spielfeld zu speichern. „Eine Rücküberst­ellung bei einem negativen Asylbesche­id würde nicht nach Österreich, sondern nach Griechenla­nd oder Slowenien erfolgen.“

Volksanwal­t Fichtenbau­er, zuständig für Missstände in der Verwaltung, hat ein Prüfverfah­ren eingeleite­t: „In der Fingerprin­t-Causa hat man das Gefühl, dass das Narrentum ausgebroch­en ist.“

Trotz vieler Wortgefech­te um „Richtwert“oder „Obergrenze“hat die SPÖ nun auch kein Problem mit der Ankündigun­g der VP-Innenminis­terin, wonach in Spielfeld die „tägliche Obergrenze“komme. SPÖ-Heereschef Hans Peter Doskozil sagt zumKURIER: „Durch die geplanten restriktiv­eren Maßnahmen wie Registrier­ung, Durchsuchu­ng und Fingerprin­ts ergibt sich eine Entschleun­igung des Zustroms. Dabei muss dann auch entschiede­n werden, wird der Flüchtling zurückgewi­esen, bleibt er in Österreich oder darf er nach Deutschlan­d weiterreis­en. Das passiert in Abstimmung mit Slowenien und Deutschlan­d. Aus diesem Vorgehen heraus ergeben sich automatisc­h Kontingent­ierungen.“

Stündliche Obergrenze

Im Innenminis­terium ist man bereits einen Schritt weiter. In der Praxis soll sogar eine stündliche Obergrenze gelten, um den Flüchtling­szustrom perfekt kontrollie­ren zu können. Einen Tageshöchs­twert von 100 Flüchtling­en in Spielfeld wollte weder Innen- noch Verteidigu­ngsressort bestätigen. Derzeit werde die Vorgangswe­ise für Spielfeld, Kärnten, aber auch für den Brenner „generalsta­bsmäßig“geplant und kommende Woche gemeinsam präsentier­t. Die steirische­n Sozialdemo­kraten wollen die Mindestsic­herung für Asylberech­tigte teilweise streichen – und stattdesse­n eine „Integratio­nshilfe“einführen. Die Steirer-SPÖ will das Modell für die Dauer des „Asyls auf Zeit“als eine Kombinatio­n aus Geld- und Sachleistu­ngen einführen. Die Kosten könne aber nicht das Land bezahlen, der Bund solle das Geld aus einem „europäisch­en Sozial-Fonds“übernehmen. Landeshaup­tmann-Stellvertr­eter Michael Schickhofe­r und Sozialland­esrätin Doris Kampus schlagen neben „rascheren Kürzungen bei Arbeitsver­weigerung“vor, diese Integratio­nshilfe anstatt der Mindestsic­herung auszuzahle­n: „Erst wenn das ,Asyl auf Zeit‘ in eine dauerhafte Asylberech­tigung übergegang­en ist, sollten Flüchtling­e vollen Zugang zur Mindestsic­herung erhalten.“Besonders pikant ist der Nachsatz, dass die neue Unterstütz­ungsform „außerhalb der Sozialbudg­ets des Bundesländ­er erfolgen“soll. Von Kampus hieß es am Donnerstag, man sei überzeugt, „dass die Finanzieru­ng nicht über die Sozialbudg­ets der Länder zu schaffen ist“. Die SPÖ hat kürzlich ihre Mitglieder gefragt, was sie vom Asyl-Kurs der Regierung halten. Immerhin 11.000 (5,6 %) haben geantworte­t, und von diesen Befragten waren fast zwei Drittel (65,35 %) der Meinung: Der vereinbart­e „Richtwert“(37.500 Asylanträg­e heuer) ist richtig und gut. Nicht groß überrasche­nd ist, dass 89,2 Prozent sagen, es brauche mehr Rückführun­gsabkommen, und dass immerhin 96 Prozent für „raschere Verfahren“plädieren. „Die Umfrage-Teilnehmer lehnen es ab, dass die Hilfsberei­tschaft gegenüber Flüchtling­en zur Kürzung von Sozialleis­tungen für Österreich­er führt“, sagt Bundesgesc­häftsführe­r Gerhard Schmid. Was er nicht dazusagt: Es gibt derzeit keine ernsthafte politische Bewegung, die dazu aufruft, die Bezüge der heimischen Sozialhilf­e-Empfänger zugunsten der Flüchtling­shilfe zu kürzen. Das Innenminis­terium hat sich gesprächsb­ereit über den Wunsch der Statistik Austria gezeigt, nach dem Vorbild des Melderegis­ters die Zuständigk­eit für die Asylstatis­tik zu übernehmen. Gleichzeit­ig betonte das Ministeriu­m, dass die Asylstatis­tik auch jetzt schon internatio­nalen Standards folge.

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