Großbritannien droht Assange trotz UN-Beistands mit Verhaftung
London. Ein Expertengremium bewertet das dreieinhalbjährige „Exil“des Wikileaks-Gründers in Ecuadors Botschaft als „willkürliche Haft“
Eine Expertengruppe des UN-Menschenrechtsrates hat die jahrelange Botschaftszuflucht des Wikileaks-Gründers Julian Assange laut einem Vorab-Bericht von als eine Form von unrechtmäßiger Haft eingestuft. Damit hätten sich die Juristen auf die Seite von Assange gestellt, berichtete der Sender gestern, Donnerstag. Die schwedische Regierung hat die inoffiziell verlautbarten Ergebnisse mittlerweile bestätigt: Die Arbeitsgruppe in Genf habe entschieden, dass Assange unrechtmäßig festgesetzt worden sei, hieß es.
Assange hatte 2014 bei den Rechtsexperten geltend gemacht, er sei „willkürlich inhaftiert“, da er die Botschaft Ecuadors in London nicht verlassen könne, ohne umgehend festgenommen zu werden. Assange erklärte, er werde die Botschaft heute, Freitag, verlassen, sobald der Bericht offiziell veröffentlicht wird. „Sollten die Vereinten Nationen be- kannt geben, dass ich meinen Fall gegen das Vereinigte Königreich und Schweden verloren habe, werde ich die Botschaft Freitagmittag verlassen und ich werde mich festnehmen lassen, da es keine realistische Möglichkeit der Berufung gibt“, sagte Julian Assange.
„Nicht bindend“
Die Festnahme droht dem 44jährigen Australier tatsächlich: Bei der britischen Regierung hieß es gestern, Donnerstag, Assange würde verhaftet, sollte er die Botschaft verlassen. Die Stellungnahme der UN-Experten sei „rechtlich nicht bindend“, der Haftbefehl trete in Kraft, sag- te ein Sprecher von Ministerpräsident David Cameron.
„Ein Vorwurf der Vergewaltigung besteht weiter und ein europäischer Haftbefehl bleibt in Kraft, weshalb das Vereinigte Königreich die rechtliche Pflicht hat, Herrn Assange nach Schweden auszuliefern“, bestätigte ein Regierungssprecher.
Julian Assange lebt seit Juni 2012 in der ecuadorianischen Botschaft, um einer Auslieferung nach Schweden zu entgehen. Dort wird gegen ihn wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung und der sexuellen Nötigung ermittelt. Abgesehen vom Vergewaltigungsvorwurf sind die Fälle inzwischen ver- jährt. Assange bestreitet die Anschuldigungen – er sieht sich als politischer Flüchtling. Laut seiner Argumentation könnten ihn die schwedischen Behörden an die USA ausliefern. Dort könnte er wegen der Veröffentlichung geheimer US-Dokumente durch Wikileaks vor Gericht gestellt werden. Wikileaks hat seit 2010 zahlreiche diplomatische und militärische Dokumente veröffentlicht.
Der Einschätzung der britischen Regierung zufolge hat sich Assange mit seiner Flucht in die Botschaft einer Haft entzogen. Großbritannien warf Ecuador vor, es behindere die Justiz, indem es Assange Gastrecht gewähre.