Rathgeber-Chef: „Budget ist dein Problem!“
Prozess. Ehemalige Salzburger Budgetreferats-Leiterin zu drei Jahren Haft verurteilt – eines unbedingt.
Eine reumütige Monika Rathgeber stellte sich am Donnerstag dem Blitzlichtgewitter der Fotografen. „Ich habe viele Fehler gemacht“, beteuerte die 44-Jährige vor dem Landesgericht Salzburg. Rathgeber soll als Leiterin des Budgetreferats der Salzburger Landesregierung den Katastrophenfonds des Bundes um 11,9 Millionen Euro geschädigt und in 96 Fällen die Unterschrift eines Mitarbeiters ohne dessen ausdrückliche Zustimmung kopiert haben. Die Anklage lautete auf Betrug und Urkundenfälschung.
Rathgeber bekannte sich teilschuldig. Das Urteil: Drei Jahre Haft, eines davon unbedingt – die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Rathgebers Anwalt Kurt Jelinek hatte zuvor noch plädiert: „Sie gehört in kein Gefängnis.“Richter Günther Nocker merkte in der Urteilsbegründung an, dass es ohne das Geständnis wohl keine teilbedingte Strafe gegeben hätte.
Politischer Druck
Zu Prozessbeginn meinte Anwalt Jelinek, seine Mandantin habe „Ungerechtigkeiten“gesehen – etwa wenn kleine Gemeinden keine Aussicht auf Zahlungen aus dem Katastrophenfonds gehabt hätten. Deshalb habe seine Mandantin bei „Formulierungen“nachgebessert.
„Ich wollte doch nur helfen“, bekräftigte Rathgeber. „Ich habe gefürchtet, dass ich dem Land untreu werde, wenn ich nicht auch Kosten anführe, die die anderen Bundesländer auch anführen.“Politisch habe großer Druck auf ihr gelastet, sagte Jelinek. So habe seine Mandantin quasi eine Weisung erhalten, Geld für die hochwassersichere Verbauung der Urslau ( zu lukrieren. Rathgeber erinnerte sich in ihren Aussagen an den „Lieblingsspruch“ihres früheren Abteilungsleiters: „Monika, das Budget ist dein Problem!“Für sie sei das sehr belastend gewesen, denn: „dann wäre ich schuld gewesen, wenn es keinen Hochwasserschutz gegeben hätte“.
Mehrmals rang die Angeklagte bei ihrer Aussagen mit der Fassung. Dass sie in 96 Fällen die notwendige Unterschrift eines Mitarbeiters einfach kopiert habe, rechtfertigte Rathgeber mit dessen Abwesenheit. Sie sei davon ausgegangen, dass der Kollege inhaltlich Bescheid wusste und sowieso unterschrieben hätte. Der ebenfalls zeichnungsberechtigte Abteilungsleiter habe seine Unterschrift stets mit der Begründung verweigert: „Das kann warten.“
„Übertriebene Loyalität“und „totale Identifikation“mit ihrem Arbeitgeber hätten Rathgeber zu den Straftaten verleitet, begründete ihr Anwalt. Seine Mandantin habe 80 Stunden pro Woche gearbeitet, sich kaum frei genommen. Ihr Urlaub sei vielfach verfallen. „Sie hat keine Freunde mehr gehabt“, sagte Jelinek. „Die Arbeit war mein Lebensinhalt, die Mitarbeiter meine Familie“, unterstrich Rathgeber.
161 Schäden erfunden
Laut Anklage der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) soll sie in 758 Fällen Schadensmeldungen manipuliert haben, indem sie die Schadenshöhe oder -beschreibung änderte. Davon sollen 161 Schadensfälle sogar frei erfunden gewesen sein. Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic führte als Beispiel die Entfernung von Bäumen an, die auf die Fahrbahn einer Landesstraße gefallen waren. Der Schaden sei ursprünglich mit rund 250 Euro beziffert gewesen. Nach der Bearbeitung durch Rathgebers Abteilung war von der „Beseitigung von Katastrophenschäden“die Rede – und der Schaden fast 280.000 Euro hoch.
„Nach anfänglicher Zurückhaltung war die Dimension der Betrugsfälle im Verhältnis zu den gerechtfertigten Schadensmeldungen stets steigend“, stellte Adamovic fest, „das ist der wohl atypischste Fall in meiner Lauf bahn – die Angeklagte hat weder sich, noch Personen aus ihrem Umfeld bereichert, sondern bloß Gemeinden und das Land.“